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„Wir wollen die Puzzleteile der Branche zusammenführen“

Schwerpunkt E:PUBLISH-Kongress

„Wir wollen die Puzzleteile der Branche zusammenführen“
Foto: © SWOP

Am 6./7. November findet der E:PUBLISH-Kongress in Berlin zum fünften Mal statt. Das Motto in diesem Jahr lautet: »MOVING THE CUSTOMER«. Vor welchen Herausforderungen steht die Branche im Zuge der Digitalisierung? Was sind die dringlichsten Themen, die es anzupacken gilt? Wir sprachen mit Martin Fröhlich, Gründer des Kongresses und Betreiber der Plattform PaperC.

 

INTERVIEW  JENS THOMAS

 

CCB Magazin: Hallo Martin, du bist Geschäftsführer von PaperC und organisierst gemeinsam mit der Agentur SWOP und dem Berliner Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den E:PUBLISH-Kongress 2014. Der Einleitungssatz auf eurer Webseite lautet: „E:PUBLISH widmet sich den Herausforderungen, Chancen und aktuellen Themen der Digitalisierung für die Buchbranche“. Was sind die dringlichsten Herausforderungen, mit denen die Buchbranche im Zuge der Digitalisierung zu kämpfen hat?

Martin Fröhlich: Die dringlichsten Herausforderungen sind, dass Verlage Allround-Dienstleister werden müssen, auch wird der Wettbewerb mit Self-Publishern härter. Wir brauchen neue Geschäftsmodelle, die die kleinen Verlage und Buchhandlungen unabhängig von Unternehmen wie Amazon, Google oder Apple machen. Zu alledem braucht es Aus- und Weiterbildungen von Digitalspezialisten, ein Netzwerk zwischen jungen Wilden und etablierten Verlagsmenschen sowie die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Branchen aus den Bereichen Film, Musik, TV etc. zur Entwicklung neuer crossmedialer Produkte. Und wir brauchen die Implementierung einer IT-DNA in den Verlagen!

Die dringlichsten Herausforderungen sind, dass Verlage Allround-Dienstleister werden müssen, auch wird der Wettbewerb mit Self-Publishern härter

CCB Magazin:Bitte was? Kannst du kurz erklären, was eine IT-DNA ist und um was es darum in den Verlagen geht?

Martin Fröhlich:Die Implementierung einer IT-DNA meint, dass IT Ressourcen im Unternehmenskern fest verankert werden. Dazu braucht es festangestellte Informatiker in einem Unternehmen, die dafür verantwortlich sind. Verlage haben nur einen Überlebenschance, wenn Sie sich zu Web-Unternehmen umfirmieren.

CCB Magazin:Das Motto des diesjährigen E:PUBLISH-Kongress lautet: »MOVING THE CUSTOMER«. Was hat es damit auf sich?

Martin Fröhlich:Wir haben festgestellt, dass sich zu viele Veranstaltungen, nicht nur in der Buchbranche, mit technischen Neuheiten befassen und zu wenig in den Fokus nehmen, was sich der Kunde wünscht, was er braucht, wie er sich zukünftig verhalten wird. An dieser Stelle wollen wir ansetzen und den Kunden der Verlagswelt stärker ins Bewusstsein bringen – zumal Kompetenzen und Anspruch des Kunden in den letzten Jahren enorm gewachsen sind. Der Kunde tritt den Unternehmen der Branche heute mit einem ganz neuen Selbstbewusstsein gegenüber. Freemium Geschäftsmodelle, bei denen ein Unternehmen einen Service gratis anbietet, der User aber Premiumdienste durch einen Aufpreis zusätzlich erhält, setzen sich am Markt immer stärker durch. Und der Kunde ist nur noch bereit, für einen Mehrwert zu zahlen. Deshalb: „MOVING THE CUSTOMER“. Verlage, denkt an Eure Kunden und setzt alles daran, sie von Euren Produkten zu überzeugen und emotional zu bewegen.

CCB Magazin:Auch ihr wollt mit eurem Kongress etwas bewegen. An wen ist der Kongress adressiert?

Martin Fröhlich:Der Kongress richtet sich an alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette des Buches, heißt vom Autor über die Abteilungen Lektorat, Herstellung und Marketing in den Verlagen, die Auslieferer bis hin zu Buchhandlungen und Bibliotheken. Natürlich sind auch die verschiedenen Lösungsanbieter wie etwa Softwareentwickler und Berater eingeladen.

 CCB Magazin:Was wollt ihr mit dem Kongress erreichen?

Martin Fröhlich:Unser Ziel ist, dass sich alle Akteure der Buchbranche, die jungen Wilden, die erfahrenen Verlagsmenschen, die Wissenschaftler, die Quereinsteiger, an einen Tisch setzen und gemeinsam Herausforderungen der Digitalisierung diskutieren. Am Ende soll es möglichst viele Ansätze für neue Geschäftsmodelle oder zumindest für neue Herangehensweisen an die Probleme des verlegerischen Alltags geben. Nur gemeinsam sind wir stark.

Im Gespräch mit Creative City Berlin: Martin Fröhlich, Gründer des Kongresses E:PUBLISH und Betreiber der Plattform PaperC: "Nur gemeinsam sind wir stark".  Foto © SWOP.

CCB Magazin:Aber ist das nicht ein allzu schweres Unterfangen, alle an einen Tisch zu bewegen? Es existieren unterschiedlichste Interessen in der Branche. Aktuell wehren sich viele Verlage beispielsweise gegen den Branchenriesen Amazon, weil er den Online-Buchmarkt konzentriert, günstigere Konditionen anbietet, die Preise drückt und die Angst vor einer Monopolstellung grassiert. Viele Verlage machen noch immer einen Bogen um das Thema Digitalisierung. 

Unser Ziel ist, dass sich alle Akteure der Buchbranche an einen Tisch setzen und gemeinsam Herausforderungen der Digitalisierung diskutieren

Martin Fröhlich:Ja, gerade darum sollte man mit offenen Augen durch diese Welt gehen und versuchen, miteinander zu kooperieren anstatt sich zu viele Gedanken darüber zu machen, wie man Wettbewerber auslischt oder besser ist als andere. Jeder Player im Buchmarkt hat seine Nische und seine Stärke, davon bin ich überzeugt. Diese Puzzleteile kann man zusammenführen, das wollen wir mit diesem Kongress.  

CCB Magazin:Ein Höhepunkt ist in diesem Jahr der Innovation Pitch, bei dem das Publikum das innovativste neue Geschäftsmodell kürt. Welche neuen innovativen Geschäftsmodelle braucht die Publikationsbranche gegenwärtig?

Martin Fröhlich:Innovationen werden in verschiedenen Bereichen dringend gebraucht. Wie kommen wir zu neuen crossmedialen Produkten? Wie erleichtere ich das wissenschaftliche Arbeiten im Netz? Wie machen wir digitale Inhalte besser sichtbar? Wie schütze ich meine Daten? Zu all diesen Bereichen werden neue Geschäftsmodelle beim Innovation Pitch präsentiert. Das gesamte Publikum stimmt am Ende über das vielversprechendste Modell ab.

Welche innovativen Lösungsansätze braucht die Buchbranche? Foto © SWOP.

CCB Magazin:Du selbst hast PaperC gegründet, eine innovative Wissensplattform im Netz, auf der Nutzer alle Informationen zu ihrem Fachthema finden können. Basis sind zahlreiche Lehr- und Fachbücher verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen sowie Belletristiktitel, die kostenlos eingelesen, gemietet oder gekauft werden können. Was war der Grund für die Gründung deiner Plattform?

Martin Fröhlich:Ich wollte eine Wissens- und Arbeitsplattform gründen, auf der Nutzer 10 Prozent einen Buches kostenfrei einlesen können und sich dann entscheiden, ob sie das Buch kaufen, mieten oder eine monatliche Flatrate abonnieren. Zudem bekommen Nutzer Arbeitswerkzeuge, die das Arbeiten mit Wissen erleichtern.  Dazu gehören die automatische Fußnotenerkennung, eine bessere Verwaltung der individuellen PaperC Online-Bibliothek, das Erstellen von Leselisten sowie das Anlegen und Verwalten von Kommentaren, Notizen und Zitaten und vieles mehr.

CCB Magazin:Du hast eine der Finanzierungsrunden von PaperC über ein Crowdinvesting finanziert. Warum hast du dich für ein Crowdinvesting entschieden und welche Auswirkungen werden Crowdfunding bzw. Crowdinvesting auf die Branche haben?

Martin Fröhlich:Es war damals die 5te Finanzierungsrunde von PaperC, und wir hatten uns für ein Crowdinvesting entschieden, weil neben dem finanziellen Aspekt auch die aktive Mitgestaltung von Multiplikatoren aus der Nutzerlandschaft eine entscheidende Rolle spielt. Die Nutzer öffnen uns seitdem viele Türen im Verlags- und Universitätsumfeld - sie geben uns hilfreiches Feedback bei der Weiterentwicklung unserer Plattform, damit sie noch benutzerfreundlicher wird.

CCB Magazin:Wenn du eine Zukunftsprognose wagst: Wo steht die Buch- und Epublish-Branche in 10 Jahren?

Martin Fröhlich:Es wird in vielen Bereichen zu Konsolidierungen kommen, das heißt, vieles, was bislang nicht vereinheitlicht ist, wird vereinheitlicht sein. Aber auch viele kreative und innovative Geschäftsmodelle werden weiterhin ihre Nischen finden. Streaming und Flatrates werden eine viel größere Rolle spielen als heute, und, ob wir es wollen oder nicht, die in Deutschland 1888 eingeführte und bis heute gültige Buchpreisbindung wird fallen und den Buchmarkt völlig umkrempeln. In welcher Form dies geschehen wird, kann ich nicht vorhersagen, vor allem aber wird das E-Publishing etabliert sein, aber Print nicht, zumindest in Deutschland, komplett ersetzen, sondern nur in stärkerem Maße ergänzen.

CCB Magazin:Martin, vielen Dank für dieses Gespräch.

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