Vernetzung, Karriere Zurück

Phil Meinwelt: „In Berlin fehlt der Überblick“

Phil Meinwelt: „In Berlin fehlt der Überblick“
Foto: © Nook Names
Foto: Hast Du eine Idee, machst Du ein N. Das Team von NOOK NAMES. Phil Meinwelt (zweiter von rechts) im Gespräch mit Creative City Berlin

Wir vernetzen uns permanent, gehen von einer Veranstaltung zur nächsten, haben Kontakte en masse, nur das Geld fließt nicht. Das will NOOK NAMES ändern, eine neue Veranstaltungsreihe in Berlin, die Werber gezielt mit anderen Freelancern zusammenbringen will, damit sich bezahlte Aufträge ergeben. Kann das funktionieren? Und für wen eignet sich das Veranstaltungsformat? Wir sprachen mit Phil Meinwelt, Head of the Project, gelernter Werbefotograf und Erfinder von NOOK NAMES.
 

INTERVIEW   JENS THOMAS  

 

 CCB Magazin: Hallo Phil, du hast in Österreich als Werbefotograf gearbeitet und bist vor zwei Jahren nach Berlin gekommen. Was hat dich nach Berlin verschlagen?

Phil: Berlin ist einfach anders als andere Städte, hier gibt es großes Potenzial und viele Freiräume, um sich auszuprobieren. Ich wollte mal etwas anderes kennenlernen.

CCB Magazin: Du hast NOOK NAMES erfunden, ein neues Veranstaltungsformat in Berlin, das Werber mit anderen Freelancern der kreativen Branchen zusammenbringt. Welche Idee steckt dahinter?

Phil:In Berlin trifft man massenweise auf Kreative, aber es fehlt der Überblick. Das Problem in Berlin ist ja nicht, dass man sich nicht vernetzen kann. Das Problem ist, dass man im Strudel der Überinformation unterzugehen droht. Hier setzen wir mit NOOK NAMES an: Wir vermitteln und wollen die Leute face to face zusammenbringen - die Werbebranche mit Fotografen, Grafikern, 3D-Video-Animateuren und anderen Kreativen.

CCB Magazin: Aber Vernetzungstreffen gibt es doch in Berlin schon zu Genüge. Was macht den Unterschied?

Phil:Ja, es gibt unzählige Vernetzungstreffen in der Stadt, aber meist trifft sich eine Branche oder Klientel. Wir hingegen nehmen unseren Slogan „we connect creatives“ ernst. Bei uns inspirieren sich Kreative aus allen Branchen gegenseitig. Gerade über diesen Weg können wir persönliche Kontakte herstellen, untereinander vernetzen und vor allem eine lockere, unaufgeregte Stimmung erzeugen. Wir nennen das „easy business“. Das Ziel ist, dass sich daraus eine berufliche Zusammenarbeit ergibt.

CCB Magazin: Wie genau funktioniert  NOOK NAMES? Und wie stellt ihr sicher, dass auch eine berufliche Zusammenarbeit erfolgt?

Phil:NOOK NAMES – das sind zwei unterschiedliche Events: Zum einen das NOOK IMPULSE MEETING. Hier lernen wir ausgewählte Freelancer aus der Werbebranche kennen und bauen einen persönlichen Kontakt auf. Darüber hinaus ist das NOOK AGENCY EVENT unsere Hauptveranstaltung im Jahr: Bei diesem Event laden wir 20 Partner-Agenturen ein, die wir zuvor ausgewählt haben, um sie gezielt mit der Werbe-Industrie in Kontakt zu bringen. Dazu suchen wir bewusst Freelancer oder Agenturen, die auch einen Auftrag vergeben können. Das Ziel ist ja, dass Geschäftsbeziehungen zustande kommen können. Sicherstellen können wir das natürlich nicht, aber wir erhalten oft Feedback im Anschluss an die Veranstaltung, dass Aufträge erfolgt sind. Oft schreiben uns die Leute auch nach der Veranstaltung an und fragen, ob wir darüber hinaus vermitteln können. Auf der Veranstaltung selbst haben wir eine „Alibi-Artist-freie-Zone“. Das heißt, wir nehmen keine Leute auf, die beispielsweise nur einmal ein Logo gebastelt haben. Wir vermitteln Personen mit einem professionellen und erfahrenen Hintergrund.

CCB Magazin: Das klingt so, als würdet ihr den Kreativ-Filter der Stadt ansetzen. Nach welchen Kriterien wählt ihr aus?

Phil:Wir schauen uns die Referenzen genau an. Wir wollen wissen, an welchen Projekten der potentielle NOOK NAME mitgewirkt hat: Hat er einen professionellen Hintergrund? Wie sieht die Homepage aus? Ist das ganze sympathisch? In diesem Sinne setzen wir in der Tat den Filter an, sonst wäre unsere Veranstaltung auch nichts Besonderes. In Berlin mangelt es ja nicht an kreativen Ideen. Es ist vor allem die Akquise, die so oft schwer fällt. Oft bekommt man auch gar kein Feedback auf Anfragen bei Agenturen. Dem wollen wir entgegenwirken.

CCB Magazin: Bislang gab es vier NOOK IMPULSE MEETINGS in Berlin. Wie viele Leute kommen zu euren Veranstaltungen?

Phil:Wir vergeben maximal 80 Tickets, sonst wäre das Ganze unüberschaubar und das Vernetzen könnte nicht mehr funktionieren. Für die Organisation nehmen wir 10 Euro pro Person. Bei unseren Treffen weiß man dafür aber ganz genau, dass wir nur mit ausgewählten Freelancern zusammenarbeiten, die ein entsprechendes Portfolio haben.

CCB Magazin: Eure Meetings sind also nichts für Einsteiger?

Phil:So würde ich es nicht sagen. Natürlich können Newcomer dabei sein, wenn sie uns überzeugen. Aber ein Mindestmaß an Erfahrung und Professionalität ist wichtig. Wir wollen vermeiden, dass man auf der Veranstaltung sagt: „Hey toll, dass du das kannst, aber ich kann dich nicht bezahlen. Aber mach doch mal bitte“. Das ist genau das Problem in Berlin. Viele arbeiten unter- oder unbezahlt. In diese Richtung wollen wir nicht gehen. Gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden. Darum schauen wir, ob das, was jemand kann, auch für einen Kunden Sinn macht.

CCB Magazin: Viele Künstler wollen aber nicht, dass man ihre Arbeit rein aus Gesichtspunkten der ökonomischen Verwertbarkeit betrachtet. Fallen diese Leute aus dem Raster?

Phil:Bei uns steht im Vordergrund, dass man sich auf Kunden einstellen kann, sonst kommt keine Zusammenarbeit zustande. Und sind wir mal ehrlich: die Leute wollen Geld. Und wenn man arbeitet, soll man auch verdienen können.Darum haben wir auch bei der Vermittlung mit Künstlern oft ein Problem, nicht, weil wir ihre Arbeiten nicht schätzen, sondern, weil sie oft nicht kundenorientiert arbeiten.Natürlich hat auch marktferne Kunst eine Daseinsberechtigung. Aber bei unsgeht es eben um konkrete Markt-Kontakte. Ich denke, wir begegnen hiermit auch einem tiefgreifenden Problem:  In Berlin bekommtman kaum Aufträge, wenn man zu teuer ist. Wie soll man so ein Leben finanzieren und aufbauen können? So können wir nicht weiter machen. Ich kann nur sagen, dass ich von der Fotografie in Berlin nicht leben kann. Darum fotografiere ich auch nur außerhalb von Berlin, weil dort die Preise stimmen. In Graz, wo ich herkomme, verdient man zum Bespiel dreimal so viel wie in Berlin. Ich sehe hier eine Branche, in der man sich durch einen Unterbietungswettlauf gegenseitig den Markt kaputt macht. NOOK NAMES positioniert sich deshalb zukünftig ganz klar gegen Kreativprostitution.

CCB Magazin: Ihr plant eure Reihe bald auch in anderen Städten, vorzugsweise in Hamburg. Warum gerade Hamburg?

Phil:Auch Hamburg ist - wie Berlin auch - eine kreative Metropole mit viel Potenzial. Vor allem die Werbe-Industrie ist hier gut aufgestellt.Ich denke, hier passt unsere Reihe ebenso gut hin.

CCB Magazin: In Hamburg sitzen aber vor allem große Firmen, die weniger Beratung brauchen. Berlin ist zwar mittlerweile „IT-Hauptstadt“ und an Hamburg vorbeigezogen - immer mehr junge Unternehmen zieht es an die Spree. Trotzdem sitzen die großen Player der Digitalwirtschaft noch immer in Hamburg: XingJimdo, Metrigo. Der Hamburger Blogger und Berater Nico Lumma sagte einmal: „Hamburg ist Kreativindustrie für Erwachsene“. In Berlin wird hingegen mehr ausprobiert. Warum muss man die großen Player und Etablierten noch über ein Veranstaltungsformat vernetzen?

Phil:Natürlich ist Hamburg nicht Berlin, aber auch hier sitzen Firmen, die man über eine Veranstaltung wie NOOK NAMES in Kontakt bringen kann. In Hamburg gelten jedoch andere Prämissen: Am Anfang steht das Kommerzielle, erst dann kommt der kreative Spielraum, das Ausprobierfeld sozusagen, in dem man nicht immer Geld verdient, aber seiner Leidenschaft nachgeht.  In Berlin ist es genau umgekehrt: Hier geht man vorerst seiner Leidenschaft nach und präsentiert das, von dem man völlig überzeugt ist, womit man aber häufig kein Geld verdient. Erst dann folgt der kommerzielle Gedanke. Die Leute fragen sich: Mit was soll ich eigentlich mein Geld verdienen?  Häufig stellen sie dann fest: Mit meiner Kunst verdiene ich nichts. Gerade in Berlin ist eine Veranstaltung wie NOOK NAMES darum besten aufgehoben.

CCB Magazin: Phil, vielen Dank für dieses Gespräch und viel Erfolg. 


Portfolio von NOOK NAMES auf Creative City Berlin

Rubrik: Wissen & Analyse

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