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Jonas Grossmann: "Mich reizt die inhaltliche Auseinandersetzung mit Künstlern und ihren Perspektiven"

Jonas Grossmann: "Mich reizt die inhaltliche Auseinandersetzung mit Künstlern und ihren Perspektiven"
Foto: © Jonas Grossmann

Jonas Grossmann ist freischaffender Art Director und Grafiker. Er hat sich auf Künstler, Museen, Galerien und Kulturzentren spezialisiert. Wie schwierig ist es, in diesem Bereich beruflich Fuß zu fassen? Und wie kompliziert ist das in Berlin? Im Profil der Woche spricht er darüber.


CCB Magazin: Hallo Jonas, leg mal los, wer bist du und was machst du?

Jonas Grossmann: Ich bin Jonas Grossmann, freischaffender Art Director und Grafiker mit Spezialisierung auf Gestaltung für kulturelle Institutionen und Veranstaltungen. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt im Printbereich: Die Konzeption und Gestaltung von Plakaten, Flyern, Faltblättern und Broschüren sowie Ausstellungskatalogen. Zu meinen Kunden gehören Museen, Galerien und Kulturzentren. Ich arbeite für Zephyr, das Museum für Photographie, Klara Geist und viele mehr.

CCB Magazin: Warum hast du dich auf Museen, Galerien und Kulturzentren spezialisiert?

Jonas Grossmann:Auf dem Feld der Kultur fühle ich mich beheimatet. Hier komme ich her. Angefangen hat alles 1992: Damals arbeitete ich als freischaffender Video Cutter (Beta SP) für Arte und ZDF. Mit einem Freund, dem Musikproduzenten und DJ David Moufang (aka Move D), hatte ich ein Album mit elektronischer Musik aufgenommen und beschlossen, das Album gemeinsam in Eigenregie zu veröffentlichen. Dafür brauchten wir zwei Dinge: Ein Logo für unser neugegründetes Label “Source Records” und ein Cover für die erste CD “Earth to Infinity”. Den Entwurf für das Logo hatte ich damals mit Kuli auf einen Zettel gekritzelt. Für das Cover ließ ich einen befreundeten Fotografen Bilder von Videoclips abfotografieren, die ich für unsere Tracks produziert hatte. Das war der Anfang. In den folgenden Jahren gestaltete ich rund 50 CD und Vinyl Cover für Source Records und befreundete Musiker und Labels in aller Welt. Seit den frühen 2000er-Jahren verschob sich der Fokus meiner Arbeit zusehends in Richtung Kunst, Ausstellungen, Museen, Galerien, Kultur und Veranstaltungen. In den letzten Jahren habe ich mich dann intensiv mit Publikationen und Ausstellungskatalogen im Bereich Fotografie befasst. Mich reizt einfach die inhaltliche Auseinandersetzung mit Künstlern, ihren Positionen und den Ausstellungsmachern.

Die Werbeindustrie setzt oft nur das um, was der Kulturbereich umgesetzt hat

CCB Magazin: Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit als Art Director im Kulturbereich?

Jonas Grossmann:Die Zusammenarbeit mit Künstlern und kulturellen Institutionen braucht viel Feingefühl. Und die Gestaltungsansätze sind oft anspruchsvoller als beispielsweise in der Werbeindustrie. Die Werbeindustrie setzt oft nur das um, was der Kulturbereich schon umgesetzt hat. Das Arbeiten mit Galerien und Kulturzentren finde ich viel herausfordernder. Zudem bin ich stark geprägt von der Schweizer Schule mit Fokus auf Kultur und dem Arbeiten mit wenigen Schriftsätzen.

CCB Magazin: Könntest du dir auch vorstellen, in einer klassischen Werbeagentur zu arbeiten?

Jonas Grossmann:Vorstellen kann ich mir vieles, ich würde auch die Tür zur Werbewelt nicht kategorisch zuschlagen. Vermutlich passe ich aber besser in den Kulturbereich. Mein Professor von der Kunsthochschule hatte mir damals abgeraten, in den Werbe- und PR-Bereich zu gehen. Vermutlich hatte er recht.

CCB Magazin: Aber im Bereich Werbung und PR würdest du mehr Geld verdienen.

Jonas Grossmann:Das schon, und mir geht es auch grundsätzlich ums Geldverdienen. Geldverdienen ist aber auch im Bereich Kunst und Kultur möglich. Die großen Kultureinrichtungen sind oft Kunden der öffentlichen Hand. Das sind oft stabile Kunden. Die bezahlen auch gut.

Die besten Jobs gehen in Berlin unter der Hand weg

CCB Magazin: In der Berliner Kreativwirtschaft arbeiten überproportional viele Selbständige. Der Anteil liegt bei 60 Prozent, im Bundesdurchschnitt sind es 24 Prozent. Das bedeutet zusätzliche Konkurrenz.

Jonas Grossmann:Ja, die Konkurrenz ist in Berlin besonders hoch. Und hier arbeiten auch unheimlich viele gute Leute. In Berlin ist es aber verdammt schwierig, sein eigenes Business komplett von null aufzubauen. Selbst die großen Institutionen im Kulturbereich wie beispielsweise große Galerien vergeben Aufträge gerne an große Agenturen. Und jeder Galerist kennt mindestens einen Grafiker. Ich lebe jetzt acht Jahre in Berlin, ich arbeite aber überwiegend für Künstler und Kulturinstitutionen, die nicht in Berlin sitzen. Beruflich geht es in Berlin nur über gute Kontakte und Weiterempfehlungen, das ist ein bisschen wie mit einer Wohnung: Die besten gehen unter der Hand weg. Die findest du nicht auf Immobilienscout.

CCB Magazin: Was bedeutet Berlin für dich und deine Arbeit?

Jonas Grossmann:Berlin bedeutet für mich, Leben und Arbeiten in meiner absoluten Lieblingsstadt. Berlin hat ein internationales, kreativ sprudelndes Umfeld mit viel Raum für Ideen und einem einzigartig inspirierendem Kulturleben. Auch wenn ich hier nicht geboren bin, fühle ich mich in Berlin zu Hause.

CCB Magazin: Wenn du einen Wunsch frei hättest: Wie sollte Berlin in Zukunft gestaltet werden?

Jonas Grossmann:Berlin braucht Freiheit und Freiraum für die Menschen, die hier leben. Unkonventionell und eigensinnig und mit freiem Geist. Berlin sollte ein wildwüchsiger menschlicher Gegenentwurf zu Investoreninteressen designten Lebensräumen bleiben. Gerne mit etwas mehr Mut zu aufregender und wagemutiger Architektur.

CCB Magazin: Jonas, was planst du in der Zukunft?

Jonas Grossmann:Die Konzeption und Realisierung eigener Foto-Buch Projekte. Und den Beginn einer akademischen Laufbahn mit einer Lehrtätigkeit an einer Universität beziehungsweise Kunsthochschule. Ich sage: Gesunden Menschenverstand bewahren. Das Leben lieben. Und keine Panik.


Profil von Jonas Grossmann auf Creative City Berlin 

Rubrik: Im Profil

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