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Mona Jas: "Ich will am liebsten richtig stören"

Mona Jas: "Ich will am liebsten richtig stören"
Foto: © Mona Jas

Mona Jas ist Künstlerin, Kunstpädagogin, Dozentin, sie leitet Projekte. Im Grunde macht sie immer genau das, was sie für richtig hält. Darum zeichnen wir sie heute mit dem Siegel Berlin's Best aus - und stellen die kulturumtriebige Frau gleich mal im Profil der Woche vor: Welche Ziele verfolgt Mona Jas? Warum macht sie das, was sie tut? Und was hat das alles mit Franz Kafka zu tun?



CCB Magazin: Hallo Mona, stell dich doch mal vor: Wer bist du und was machst du?

Mona Jas:Ich bin Mona. Und ich mache Projekte: eigene als Künstlerin, zuletzt beispielsweise das Projekt „Stimmen“ in der Gruppenausstellung „Europa“ in der U-Bahnstation Bundestag, kuratiert von Francine Eggs und Andreas Bitschin. Hier habe ich Gesänge und Stimmen interaktiv an den Säulen der U-Bahnstation installiert. Gleichzeitig mache ich auch Projekte mit anderen - als gemeinsame Forschung sozusagen, als gemeinsame Wahrnehmung und gemeinsames Lernen. So zum Beispiel im Rahmen der Berlin Mondiale mit der Notunterkunft Alt-Moabit und dem KW Institute for Contemporary Art zur Frage: Was und wie sehen wir? Was zeigen wir? Mit allen interessierten Bewohnern und Bewohnerinnen haben wir hier am Anfang den Weg von der Unterkunft in die KW mit Fotos, Zeichnungen untersucht und markiert, Schritt für Schritt. Daraus haben sich viele weitere Projekte ergeben. Dann engagiere ich mich noch in der Lehre, zum Beispiel in der Kunsthochschule Weißensee zu Fragen der eigenen künstlerischen und gestalterischen Position in Verbindung mit gesellschaftlichem Engagement. Hier geht es um die Frage: Markt versus politisches Engagement – oder geht beides?

CCB Magazin: Und, geht beides?

Mona Jas:Unter bestimmten Voraussetzungen: ja. Meiner Meinung nach kann politisches Engagement heute auch als Teil des Marktes existieren, es geht ja immer darum, die Strategien zu unterlaufen, also das Spiel mitzuspielen und eigene Inhalte zu platzieren. Auch sind die linearen Zeiten von Schwarz-Weiß einfach mal vorbei. Und wenn wir uns die Idee des Akzelerationismus anschauen, nach der sich der Kapitalismus im Grunde irgendwann mit seinen eigenen Mitteln der Beschleunigung selbst schlägt, finden wir heute nicht nur Komplexitäten, sondern auch die Möglichkeiten, dass einander widersprechende Prozesse gleichzeitig stattfinden können.

CCB Magazin: Wie bist du dazu gekommen, dich mit diesen Fragen zu beschäftigen und in deinem Feld zu arbeiten?

Mona Jas:Schwer zu sagen, das war ein langer Prozess. Angefangen hatte alles in meinem Kunststudium an der UdK, damals noch HdK Berlin. Ich war unzufrieden damit, immer alleine im Atelier zu arbeiten. Das schien mir sehr unwirklich und abgetrennt vom Leben. In der Klasse der Fotografin Katharina Sieverding bin ich dann auf ähnlich Gesinnte gestoßen und ich habe Verbindungen zwischen dem eigenen künstlerischen Tun und anderen gesellschaftlichen Prozessen entwickelt. Seitdem arbeite ich an dieser Fragestellung von Markt versus politisches Engagement.

Ich liebe Dynamik. Ich liebe das Chaos. Hier wird Energie frei!

CCB Magazin: Was willst du mit deiner Arbeit bewegen, erreichen oder verändern?

Mona Jas:Ich möchte mit meiner künstlerischen Arbeit mich und möglichst viele andere dazu bewegen, Bequemlichkeit und Sicherheit aufzugeben und sich auf etwas Ungewisses und Neues einzulassen. Zentral für meine Arbeit ist, dass sich keine Routinen bilden. Das heißt: gängige Vermittlungsweisen von sogenannten hochkulturellen Produkten oder auch tradierte Lerninhalte und Lehrmethoden ändern. Weg vom Lerntrichter! Weg vom hierarchisierten Wissen! Hin zu subjektorientierten neuen Wegen! Ich möchte auch, dass andere Kunst- und Kulturschaffende entdecken, wie sie Bewegung erzeugen und Änderungen bewirken können und wie wichtig das auch für eine Gesellschaft ist. Ich liebe Dynamik. Ich liebe das Chaos. Hier wird Energie frei – so zum Beispiel in der Arbeit mit Jugendlichen. Ich will mit meiner Arbeit hinterfragen und irritieren, und am liebsten richtig stören. Um aber Dinge verändern zu können, muss man sich in den Systemen auskennen. Nur so lässt sich herausfinden, wo Schwachstellen, aber auch Stärken sind und an welchen Stellen Veränderungen möglich werden.

STIMMEN - Installation im U-Bahnhof Bundestag Berlin 2016 im Rahmen der Gruppenausstellung EUROPA, Installationsansicht © Rudy Decelière.

CCB Magazin: An welchen Stellen ist ein solcher Wandel umsetzbar?

Mona Jas:Veränderungen sind möglich durch eine Stärkung des Bewusstseins zur eigenen Deutungshoheit und zur eigenen Handlungsfähigkeit. Es gibt ja auch einige Beispiele in der Stadt, die zeigen, was beispielsweise aus einer bezirklichen Galerie werden kann, wenn die Akteure nur initiativ werden und handeln. Der Kunstraum Kreuzberg/Bethanien um ihren Hauptakteur Stéphane Bauer zeigt eindrucksvoll, dass ein Kampf auch zu gewinnen ist, wenn man ihn nur konsequent führt. Gruppen- und Themenausstellungen zu sozialen und kulturellen Gegenwartsprozessen in Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Künsten werden dort in hoher Qualität präsentiert. Zentrale Aspekte wie die Kontextualisierung der Projekte und die Berücksichtigung von Diversität, Internationalität und lokalen Bezügen werden im Bethanien mehr als deutlich. 

CCB Magazin: Jetzt sind wir in Berlin angekommen. Du bist selbst aus Berlin. Was bedeutet die Stadt für dich als Lebens- und Standort?

Mona Jas:Alles, was ich jetzt denke, klingt wie ein Klischee. Ich versuche es trotzdem mal ... Ich mag an Berlin, dass diese Stadt so weit im Osten liegt, denn Berlin bedeutet für mich die Verbindung zu Polen und Russland. Darüber hinaus sehe ich Berlin auf der Achse: Paris – Berlin – Moskau. In diesem Netz gedacht liegt Berlin schön in der Mitte und kann sich mit beiden Richtungen gut verbinden. Ich mag Kreuzberg, Schöneberg, Wedding, Marzahn, Mitte und Pankow, diese Bezirke sind weniger homogen. Die südwestlichen Stadtbezirke finde ich dagegen langweilig.

Ich fordere: Berlin muss größer werden!

CCB Magazin: Wenn du einen Wunsch hättest: Wie sollte Berlin in Zukunft gestaltet werden?

Mona Jas:Berlin muss unter Einbeziehung von Kunst- und Kulturschaffenden gestaltet werden. Die Einteilung in die verschiedenen Ressorts der Stadt muss aufgelöst werden, damit Künstler und Künstlerinnen, Gestalter und Gestalterinnen in der Stadtplanung ebenso mitwirken können wie in An-, Um-, Erweiterungs- und sonstige Bauten. Berliner Schulen und Hochschulen sollen sich weiterhin in den Stadtraum öffnen und zu Orten werden, in die viele Experten von außen gerne kommen und sich austauschen, Berliner Kulturinstitutionen vice versa. Alle öffentlichen Orte müssen kostenfrei zur Verfügung stehen: Vom Schwimmbad bis zur Bibliothek. Dann fallen mir noch viele kleinere Sachen ein, die ich schön finden würde: mehr Feste, das Erzählen an öffentlichen Plätzen, Bezirksshuttles, öffentliche Schulungen zur Frage „Wie werde ich ein freundlicher Berliner oder eine freundliche Berlinerin?“. Und vor allem: Berlin muss größer werden! In den 1920er Jahren hatte Berlin mehr Einwohner und Einwohnerinnen als heute. Das muss sich ändern, daher unbedingt: Bleiberecht für alle.

CCB Magazin: Mona, was planst du in der Zukunft?

Mona Jas: Ich plane meine Zukunft nicht. Aber ich halte es da ganz mit Franz Kafka. Der schrieb 1922 in sein Tagebuch: „Das Pferd des Angreifers zum eigenen Ritt benützen“. Für mich ist das bis heute eine zentrale Strategie, mit der ich immer wieder versuche, meine Ziele zu verfolgen.

CCB Magazin: Viel Erfolg dabei.


Profil von Mona Jas auf Creative City Berlin 

Ausgezeichnet: Mona Jas ist Berlin's Best Nr. 4 

Rubrik: Im Profil

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