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Leandro Alzate: "Die Illustration ist eine Zurückeroberung des Physischen"

Leandro Alzate: "Die Illustration ist eine Zurückeroberung des Physischen"
Foto: © privat

Leandro Alzate kommt aus Bilbao in Spanien und war in seiner Jugend Comic-Zeichner. Nach seinem Studium der Freien Kunst entschied er sich, als freier Illustrator zu arbeiten. Das war 2012. Heute gehören zu seinen Kunden Magazine und Verlage wie ZEIT, FAZ und die Welt am Sonntag aber auch Anbieter wie Red Bull, Kapsch oder Maggi. Wie wird man Illustrator? Auf was kommt es an und wie meistert man einen solchen Job in Zeiten dauernder Medienkrisen? Wir stellen Leandro Alzate und seine Arbeit heute im Profil der Woche vor.


CCB Magazin: Hallo Leandro, erzähl mal: Wer bist du und was machst du?

Leandro: Hallo, ich bin Leandro, Wahl-Berliner und selbständiger Illustrator. Ursprünglich komme ich aus Bilbao in Spanien, seit 2010 lebe ich in Berlin. Ich illustriere heute hauptsächlich für Magazine, Zeitungen und im Bereich der Werbung. Zu meinen Editorial-Kunden gehören der ZEIT-Verlag, die Welt am Sonntag, Red Bull Media House oder auch die FAZ. Im Bereich der Werbung habe ich bereits für Marken wie McDonald´s, Kapsch und Maggi gearbeitet.

CCB Magazin: Wie kam es dazu, dass du Illustrator wurdest?

Leandro:Zur Illustration kam ich über den Comic. Schon als Jugendlicher hatte ich ein eigenes Fanzine, die Leidenschaft für den Comic war schon immer da. Der Comic ist, wie die Illustration auch, eine natürliche Sprache. Die Zusammensetzung von Text und Bild auf eine nicht kompensierende Weise, sondern durch deren Kombinierung, das hatte auf mich eine tiefe Faszination. Ich mochte es einfach, das Visuelle mit dem Schriftlichen zu vereinen und so auch herkömmliche Formate aufzulockern. Also entschied ich mich, damals noch in Bilbao, Freie Kunst zu studieren. Im Anschluss habe ich über mehrere Jahre regelmäßig Beiträge in Comicmagazinen und sogar eine Graphic Novel veröffentlicht. Allerdings war die Illustration damals nur eine Nebentätigkeit. 2012 entschied ich mich dann, meinen Schwerpunkt komplett auf die Illustration zu legen. Und erst seit zwei Jahren kann ich sagen, dass ich davon leben kann.

Illustration: © Leandro Alzate, aus dem Magazin Bergwelten, eine Veröffentlichung von Red Bull Media House. AD: Flora Baras, Daniela Bily.
 

CCB Magazin: Von den rund 3.000 Illustratoren in Deutschland arbeitet das Gros selbständig. Wie ist das bei dir? Und kommen deine Kunden auf dich zu oder suchst du dir deine Kunden aus?

Leandro:Beides. Auch ich arbeite selbständig und am Anfang habe ich viel Eigenakquise betrieben. Zunächst meldete ich mich auf diversen Plattformen wie Behance oder Ello an und habe Portfolios erstellt. Denn wichtig ist, dass du zeigst, wer du bist und was du kannst. Und wichtig ist es, eigene Sachen zu veröffentlichen, am besten sogar kleine Editionen. Denn das zeugt von Eigeninitiative. Bei mir war es dann so, dass die Verlage irgendwann auch auf mich zugekommen sind, zum Beispiel der Zeit-Verlag. Ich akquiriere aber auch immer noch selbst. So bin ich zum Beispiel auf die Welt am Sonntag zugegangen, und es hat geklappt! Es braucht einfach etwas Zeit, bis sich Kontakte herausbilden und verfestigen. 

Ein kohärentes, unverkennbares Portfolio zu haben, das ist wesentlich für einen Illustrator

CCB Magazin: Die Konkurrenz unter den Illustratoren ist hoch. Was würdest du sagen, hattest du Glück oder bist du einfach gut?

Leandro:Das kann ich über mich nur schwer sagen. Klar gehört immer auch etwas Glück dazu. Im Endeffekt muss es aber den Kunden gefallen. Was du als Illustrator unbedingt brauchst, ist Mut und Ausdauer. Die Idee, als Illustrator zu arbeiten, hatte ich zum Beispiel schon, als ich in Bilbao noch Kunst studierte. Als ich dann merkte, dass meine Arbeiten gut ankamen, hab ich alles auf eine Karte gesetzt: Ich fing an zu illustrieren und bot meine Arbeiten an. Am Anfang war es für mich enorm hilfreich, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten. Denn eine Agentur steht immer in direkter Verbindung mit vielen Kunden, insbesondere mit Werbeagenturen, die für Selbständige sonst nur schwer erreichbar sind. 

CCB Magazin: Wenn du anderen einen Tipp geben würdest: Wie macht man sich als Illustrator einen Namen?

Leandro:Ein kohärentes, unverkennbares Portfolio zu haben, das ist wesentlich für einen Illustrator. Und wichtig ist zudem, ganz knappe Timings richtig verwalten zu können. Vor allem in der Werbebranche sind die Deadlines eng gesetzt, das ist völlig verrückt. Damit muss man klarkommen. Und ganz wichtig ist es, unabhängig vom Zeitdruck, seine eigenen ästhetischen Koordinaten bestimmen zu können.

CCB Magazin: Was heißt das?

Leandro:Als Illustrator brauchst du einen eigenen Stil. Denn in dem Maße, wie dein Stil persönlicher und in gewisser Weise unverwechselbarer wird, wirst du auch Aufträge und vor allem gute Aufträge bekommen. Einer der häufigsten Fehler zu Beginn ist eine Art der Überanpassung. Als Illustrator, oder auch als Comic-Zeichner, musst du Charakter zeigen, den man deinen Illustrationen entnehmen kann. 

Einer der häufigsten Fehler zu Beginn eines Illustrators ist eine Art der Überanpassung. Was du als Illustrator brauchst, ist Charakter

CCB Magazin: Wie würdest du deinen Stil und Charakter beschreiben?

Leandro:In meine Illustrationen bringe ich immer viel Humor mit ein. Meine Illustrationen spiegeln häufig die kleinen Dinge und Veränderungen des Lebens und des Alltags wider, die unseren Tagesablauf so im Detail prägen. Das ist ja das Schöne. Und ich möchte, dass meine Bilder eine emotionale Wirkung erzeugen. Da ist es mir egal, ob meine Bilder für ein Buchcover sind, eine Werbekampagne oder für einen Artikel in einem Magazin.

Motiv aus der Reihe "Schlange stehen". Illustration © Leandro Alzate.
 

CCB Magazin: Lass uns über Geld reden: Eine Umfrage des Berufsverbands "Illustratoren Organisation" (IO) ergab, dass die Hälfte der befragten Illustratoren mit weniger als 1500 Euro netto im Monat auskommen müssen. Wie ist das bei dir?

Leandro:Genau an dieser Grenze liegt mein Durchschnittseinkommen im Monat, mal höher, mal niedriger.  Die Illustration ist in der Regel sowieso kein Beruf, über den man sich eine goldene Nase verdienen kann. Ich habe „klein“ angefangen, aber ich komme Schritt für Schritt voran.

CCB Magazin: Felix Scheinberger, Illustrator und Professor an der FH Münster, kritisierte kürzlich die Erwartungen mancher Berufseinsteiger, die glauben, als Illustrator von null auf hundert durchstarten zu können. Er rät seinen Studierenden darum, klein anzufangen: Plakate, Tierzeichnungen für Kinderbücher oder Bildchen für die Speisekarte im Café um die Ecke. Er nennt das „Eisdielenjobs“. Würdest du dem zustimmen?

Leandro:Nur bedingt. Sicher ist es richtig und wichtig, ein realistisches Berufsbild zu haben und sich keine Illusionen zu machen. Wichtig ist aber auch, Leidenschaft für das zu entwickeln, was man will und kann. Aber irgendwann sollte sich die eigene Arbeit auch lohnen und auszahlen.

CCB Magazin: Wie schätzt du gegenwärtig den Markt für Illustratoren ein?

Leandro:Ich glaube, die Zeiten für Illustratoren stehen derzeit gar nicht schlecht. Vor allem Print-Medien erleben ein Comeback. Gerade hier kommen Illustrationen ausgesprochen gut zur Geltung. Die Illustration ist so auch eine Art der Zurückeroberung des Physischen, sie ist Ausdruck des Sinnlichen und des Tastbaren, des Objekts, das zugleich Raum für Ästhetik schafft.

CCB Magazin: Du bist nun seit sechs Jahren in Berlin: Was bedeutet Berlin für dich als Stand- und Lebensort?

Leandro:Berlin bedeutet mir eine Menge. Als ich 2010 mit meiner Freundin nach Berlin kam, haben wir uns gleich in diese Stadt verliebt. Zuvor war ich schon ein paar Mal hier und die Atmosphäre, die Kontraste und die verschiedenen Lebensarten, das hat uns gleich gut gefallen. Ich bin natürlich auch nach Berlin gekommen, weil es in Spanien für mich aufgrund der wirtschaftlichen Krise keine sonderlich guten Berufsaussichten gab. Und Bilbao, die Stadt, wo wir lebten, entwickelte sich nach dem Guggenheim-Effekt zu einer langweiligen, kleinbürgerlichen Landschaft. Ich bin froh, dass ich hier bin.

CCB Magazin: Möchtest du hier bleiben?

Leandro:Erst mal ja. Wahrscheinlich gefällt mir dieses Chaotische in Berlin wirklich am besten (lacht). Für Berlin gibt es keine genaue Passform, keinen konkreten Rahmen, das macht die Stadt so besonders.  Berlin ist wirklich ein unerschöpfliches Diskussions- und Versuchsfeld für ökonomische,  soziale und politische Ideen. Ich lerne hier viel, gerade durch diese Diskurse. Oft habe ich das Gefühl, dass ich noch sehr viel lernen kann und verstehen muss. 

Dieses Chaotische in Berlin, das gefällt mir wirklich am besten

CCB Magazin: Leandro, was planst du in der Zukunft?

Leandro:Bis jetzt konzentriert sich meine Arbeit auf Deutschland, Österreich und in geringem Ausmaß auch auf Spanien. Online arbeiten macht aber so vieles möglich. Mein Ziel ist es, dass ich meine Arbeit künftig auf andere Länder wie Großbritannien oder Frankreich ausweiten kann, wo Illustrationen ebenfalls gefragt sind. Damit werde ich mich wohl in den nächsten Monaten beschäftigen.

CCB Magazin: Viel Spaß dabei. Und viel Erfolg, Leandro.


Profil von Leandro Alzate auf Creative City Berlin

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