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Robin Resch: „Ein Unternehmen ist wie ein Gesamtkunstwerk“

Robin Resch: „Ein Unternehmen ist wie ein Gesamtkunstwerk“
Foto: © Jens Thomas

Dieser Mann arbeitet, arbeitet, arbeitet: Robin Resch. Mal initiiert er Projekte wie Labour Games und entwickelt Spiele für die moderne Arbeitswelt. Mal gründet er ein Unternehmen wie coGalleries und vermittelt zwischen Kunstinteressierten, Sammlern und Künstlern. Robins Mission: Kunst und Ökonomie zu verzahnen, damit Künstler daran verdienen. Wir haben den arbeitsumtriebigen Kulturunternehmer in seinem Atelier in Berlin-Lichtenberg besucht und wollen wissen: Wie macht er das?
 

 INTERVIEW JENS THOMAS

 

CCB Magazin: Hallo Robin, schön hast du es hier. Erzähl mal, du bist Mitbegründer von coGalleries. Was ist coGalleries? 

Robin Resch: Hallo Jens! Wir vermitteln zwischen Künstlern, Kunstinteressierten und Galerien. Dazu bieten wir spezielle Kunstführungen an, fernab des Mainstreams. Bei unseren Führungen werden gleich mehrere Künstler in ihren Ateliers und Galerien von Sammlern und Kunstinteressierten besucht. Nicht selten kommt es so auch zum Verkauf von Kunstwerken. Primäres Ziel ist aber, dass Sammler und Kunstinteressierte zunächst die Person hinter dem Kunstwerk kennenlernen. Und bei unseren Touren entstehen richtig tolle Begegnungen, auch Freundschaften und Berufskontakte. Aktuell bekommt zum Beispiel ein Künstler durch unsere Vermittlung eine Ausstellung im Museum of Liberty in den USA. Wir vermitteln. 

CCB Magazin:Und wie genau? 

Robin Resch: Indem wir Öffentlichkeitsarbeit betreiben und Führungen organisieren, gerade die jüngeren und noch nicht von Galerien vertretenen Künstler bekommen darüber eine Öffentlichkeit, die brauchen sie auch. Wenn wir vermitteln, können Künstler in der Regel an ihren Werken auch verdienen – und wir bekommen etwas für die Vermittlung. 

Bei Künstlerin Pola Brändle. Foto: Laura Fiorio

CCB Magazin:Und wie läuft dieser Prozess ab? Was verdient ihr daran? Und was bekommt – im Idealfall – der Künstler oder die Künstlerin? 

Robin Resch: Zunächst verdienen wir an den Ticketpreisen der Führungen. Davon können wir die Fixkosten, also den Guide, unser kleines Team und unsere Raummieten finanzieren. Im Falle des Verkaufs eines Kunstwerkes erhalten wir zusätzlich eine Kommission. Die liegt zwischen 20 und 30 Prozent des verkauften Kunstwerkes ab der Führung einschließlich zweier Jahre. Das ist nicht viel. Wenn Künstler mit Galerien zusammenarbeiten, geben sie in der Regel 50 Prozent des Preises an die Galerie ab. Die Preise unserer Künstler bewegen sich zwischen 200 und 10.000 Euro pro Kunstwerk – je nach Karrierezeitpunkt, Arbeitsumfang und dem aktuellen Marktpreis.

CCB Magazin:Der Markt  für Kunst ist schwer umkämpft. Mit welchen Galerien und Künstlern arbeitet ihr zusammen? Und nach welchen Kriterien sucht ihr Künstler und Kunstinteressierten aus?  

Robin Resch: Die Künstler, mit denen wir zusammenarbeiten, sind ganz verschiedene. Ich will hier keine bestimmten hervorheben, wir müssen sie einfach spannend finden und glauben, dass auch andere sie gut finden – denn nur dann werden ihre Werke auch gemocht und im Idealfall gekauft. Ich denke, wir gehen hier ein grundsätzliches Problem an. 

CCB Magazin:Welches? 

Robin Resch: Es gibt heute einige wenige Künstler, die sehr viel verdienen, weil die großen Galerien für sie viel Geld aufbringen und die großen Sammler mit horrenden Summen in sie investieren - es geht auf dem Kunstmarkt immer mehr um Wertsteigerung und Anlagensicherung. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass ein Großteil der großen Kunstsammler heute - ca. 40 Prozent - im Finanzbereich tätig sind oder als Hedgefonds-Manager und Investor gearbeitet haben. Diese Sammler bestimmen das Geschäft. Das Gros der Künstler verdient daran kaum, weil sie eben auch oft keiner kennt und der Marktzugang fehlt. Hier kommen wir ins Spiel. 

Das Gros der Künstler verdient heute kaum Geld, weil sie kaum einer kennt und oft der Marktzugang fehlt. Hier kommen wir ins Spiel

 

Wer denkt, ist klar im Vorteil - macht sich Gedanken über die Verzahnung von Kunst und Ökonomie, Robin Resch. Foto: Jens Thomas 
 

CCB Magazin:Wie genau läuft so eine Tour ab?

Robin Resch: Wir schauen zunächst, ob und wie Künstler und Interessenten zusammenpassen können. Dazu erfragen wir im Vorfeld die Interessen der Besucher ab. Denn zu uns kommen gerade nicht die typischen Sammler und Kunstkäufer. Es sind vor allem die vielfältig Kunstinteressierten. Die wollen sich tiefergehender mit der Berliner Kunst an sich beschäftigen; oft wollen sie auch neue unbekannte Künstler entdecken. Hier setzen wir an und organisieren die Tour. Während einer Tour sind wir bei zirka fünf Galerien und bei ein bis zwei Ateliers, die Galerien wechseln je nach Programm und Interesse der Buchenden. In Berlin haben wir aktuell 50 Ateliers, die wir besuchen können. Wir besuchen zudem gezielt Galerien oder Off-Spaces, die man nicht so einfach finden kann, oft geht es auch um ganz spezifische Themen. Gerade bieten wir zum Beispiel eine Tour an, die sich dem Thema Künstliche Intelligenz befasst und Künstler einbindet, die sich in ihren Werken damit auseinandersetzen. 

CCB Magazin:Wie kam die Idee von coGalleries auf? Und wie bringt man ein solches Unternehmen voran? 

Robin Resch: Ich komme selbst aus der Kunst. Ich habe an der Kunsthochschule Weißensee studiert und weiß wie schwer es ist, sich als Künstler zu finanzieren. Ich war es irgendwann einfach leid, mich ständig den Antragsmodalitäten anzupassen und mich mal hier mal da auf ein kleines Finanzierungstöpfchen zu bewerben. Ich wollte unabhängig sein. Darum wurde ich Kulturunternehmer – ich habe einfach Bock darauf! Die Idee von coGalleries hatte ich aber nicht allein, sondern gemeinsam mit einem besten Freund, mit Jeremy Zelkha – er ist ein verdammt kreativer und erfahrener Unternehmer aus Palo Alto, Kalifornien. Zusammen haben wir coGalleries ins Leben gerufen und aufgebaut.

Ich komme aus der Kunst. Ich war es irgendwann aber leid, mich ständig den Antragsmodalitäten anzupassen. Ich wollte unabhängig sein. Darum bin ich Kulturunternehmer

CCB Magazin:Und das hat gleich von Anfang an funktioniert? 

Robin Resch: Überhaupt nicht.  Alles braucht Zeit. Die Umsätze waren zunächst recht bescheiden – obwohl alle unsere Idee total toll fanden. Darum haben wir relativ schnell angefangen, uns nach Investoren umzuschauen. Das Problem: Viele von ihnen legten gleich am Telefon auf, als sie das Wort "Kunst" hörten. Die haben unser Konzept aber einfach nicht verstanden! Viele Investoren hören auch einfach nicht zu – die meisten wollen schnell skalieren. Oft stand die Frage im Raum: „Ach sach mal, an wen verkaufen wir das denn dann“? Wir wollten unser Unternehmen aber nicht verkaufen, wir wollten es voranbringen. Glücklicherweise haben wir dann Menschen gefunden, die unsere Einstellungen teilen. Das Unternehmensnetzwerk Purpose zum Beispiel, die gezielt in Unternehmen investieren, die "sich selbst gehören", und die eine sehr klare und bedeutende Haltung haben, unterstützen uns aktuell. Ein großer Dank geht an dieser Stelle auch an unsere Codinghelden aus Kreuzberg Delodi – unseren ersten Partner und auch die ersten Business Angels und Advisors.

CCB Magazin:Wie viel Geld habt ihr von Purpose bekommen? Und wie läuft so eine Beteiligung durch Purpose ab? 

Robin Resch: Wir haben 150.000 Euro erhalten. Der Unterschied von Purpose zu anderen Investoren ist, dass Purpose keine Mitspracherechte durch die Investition erhält. Das Problem bei gewöhnlichen Investitionen ist ja, dass der Investor enormen Einfluss auf das Unternehmen nach der Investition hat. Hält ein Aktionär zum Beispiel 25 Prozent der Anteile, kann er Beschlüsse verhindern. Hat jemand 50 Prozent der Anteile, ist er oft komplett gleichberechtigt. Bei uns hat die Investition keinen Einfluss auf unsere unternehmerischen Entscheidungen, ausgenommen die Gewinnverteilung.

Auf einer coGalleries-Art-Tour im Studio bei Künstler Carlos Silva: Foto: Tahian Bhering

CCB Magazin:Das heißt, ihr bekommt das Geld, weil ihr jung seid und es braucht, und macht damit, was ihr wollt? 

Robin Resch: Na ganz so ist es nicht. Wir telefonieren zum Beispiel regelmäßig mit Purpose, denn auch die haben ein Interesse daran, dass unser Unternehmen gut läuft – auch Purpose will eine Dividende. Ziel ist die Gewinnausschüttung an alle Investoren. Purpose greift aber nicht inhaltlich ein, sie haben vielmehr eine beratende Funktion und ein gigantisches Netzwerk an tollen Menschen, die wir alles sehr schätzen. Klar ist aber auch: Ein Purpose-Unternehmen darf in der Regel nicht verkauft werden. Die Entscheidungsgewalt soll dauerhaft im Unternehmen bleiben – das Unternehmen gehört sich im wahrsten Sinne des Wortes selbst. Denn wenn du das Unternehmen veräußerst, gibst du auch die Verantwortung ab – und die Leidtragenden sind allermeist die Mitarbeiter – schlimm, wie ich finde. Es trifft also diejenigen, die die Werte der Unternehmung mitaufgebaut und geschaffen haben. Genau das wollen wir verhindern. Das schnelle Gründen, Hochpeitschen und Verscheppern von Unternehmen ist definitiv der falsche Weg. 

CCB Magazin:Viele Künstler stehen Investitionen in der Kultur grundsätzlich skeptisch gegenüber. Was macht das mit der Kunst, wenn man sie den Kapitalmärkten unterwirft? 

Robin Resch: Ich finde „unterwirft“ das falsche Wort. Natürlich darf der Kunst durch Investitionen nicht der Ausverkauf drohen. Es sollten grundsätzlich immer die daran verdienen, die Kunst machen oder sich um sie kümmern – Künstler, Vernetzer, Vermittler. Das heißt aber auch, dass wir heute Geschäftsmodelle für die Kunst und Kultur brauchen. Der größte Fehler liegt gerade darin zu glauben, dass Kultur nichts mit Ökonomie zu tun hat. Hat sie! Mischt euch ein. Künstler müssen gerade heute in die Domäne der Ökonomie intervenieren, denn hier findet der wahre Transformationsprozess statt. So etwas wie Purpose ist ein guter Weg. Gerade der Kunstmarkt ist aktuell höchstproblematisch, weil er grundlegend spekulativ ist. Und gerade die Galerien und seit einiger Zeit auch die Museen  – staatliche wie private – kann man da wirklich nicht mehr ausnehmen. 

Natürlich darf der Kunst durch Investitionen nicht der Ausverkauf drohen. Es sollten grundsätzlich immer die daran verdienen, die Kunst machen oder sich um sie kümmern – Künstler, Vernetzer, Vermittler. Das heißt aber auch, dass wir gerade heute Geschäftsmodelle für die Kunst und Kultur brauchen

CCB Magazin:Was meinst du? 

Robin Resch: Vor allem die Museen stellen heute das aus, was auf dem Kunstmarkt erfolgreich ist – um ein Publikum zu locken. Es geht um Besucherzahlen, Daseinsberechtigung, Förderungen, Spenden. Das ist zunächst wenig verwerflich. Ich finde aber, dass sich gerade die Museenwelt zu sehr an den vorherrschenden Marktmechanismen orientiert. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass sie einen spekulativen Kunstmarkt erst bedient, den sie zugleich kritisiert. Museen verlieren so auch ihre Eigenständigkeit. Sie sollten mehr wagen. Und das heißt, auch ökonomisch neue Wege einzuschlagen, die für ein neues Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft stehen.

Foto: Jens Thomas 

CCB Magazin:Robin, wie geht's weiter? Wie setzt ihr das Purpose-Geld ein? Welche Zukunft hat coGalleries?

Robin Resch: Mit der Investition von Purpose finanzieren wir vor allem unser Team und die grundlegenden Arbeitsprozesse. Also Projektmanagement, Kommunikation und die Mieten. Zudem organisieren wir aktuell ein Residence-Programm, bei dem wir internationalen Künstlern die Möglichkeit bieten, für ein paar Monate unsere Atelierräume zu nutzen. In Zukunft wollen wir coGalleries ausbauen. Ziel ist es, coGalleries in anderen Städten und Ländern zu etablieren. Dazu haben wir gemeinsam mit unserem Partner Delodi eine technisch extrem aufwendige Plattform aufgebaut. Geholfen hat uns neben Purpose und Delodi auch die Kommunikationsagentur anschlaege.de mit Axel Watzke – alles wunderbare Menschen, die den Purpose-Gedanken teilen. An einem Unternehmen zu arbeiten, ist für mich wie ein Kunstwerk gestalten. Es ist nie perfekt, muss es aber auch nicht. Es sind die Ideen und Inspirationen, die es braucht. Wir wissen jetzt was wir wollen. Es fühlt sich gut an. Wir kommen gerade richtig in Fahrt. 

CCB Magazin:Robin, vielen Dank für dieses Gespräch. Gute Fahrt. 


Profil von Robin Resch auf Creative City Berlin 

Auszeichnung Berlin's Best 

Rubrik: Im Profil

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