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Peter Harris: I have a stream

Peter Harris: I have a stream
Foto: © Resonate

Die Musikwirtschaft ist seit den letzten Jahren aus der Krise geschlittert - vor allem Dank Streaming-Einnahmen. Das Problem: Viele Künstler verdienen kaum etwas. Peter Harris will das ändern. Er hat Resonate ins Leben gerufen, eine Musik-Streaming-Plattform als Genossenschaft. Wie funktioniert die Plattform? Welches Problem löst sie? Ein Gespräch mit dem Gründer.
 

INTERVIEW JENS THOMAS
 


CCB Magazin: Peter, du hast Anfang 2015 Resonate gegründet. Dein Ziel ist es, Künstler fair zu bezahlen. Wie genau funktioniert Resonate?  

Peter Harris: Mit unserem eigenen Streaming-Modell, das Streaming und Downloading kombiniert. Wir nennen das #stream2own. Dazu gibt es neun Stufen, die von "sehr günstig" bis "teuer" reichen. Das heißt, wenn du einen Song nur einmal hören willst, zahlst du nur 0,002 credits. Beim zweiten Mal sind es 0,004, beim dritten Mal 0,008 und so weiter - bis zum 9. Mal: Dann kaufst du den kompletten Song und zahlt 1.022 credits, das sind umgerechnet rund 1,25 Euro, etwa genauso viel wie bei einem iTunes-Download. 

Das Problem ist, dass Künstler auf den großen Streaming-Plattformen kaum etwas verdienen. Bei uns gehen 30 Prozent zu Resonate, Künstler ohne Label erhalten die restlichen 70 Prozent

CCB Magazin: Ok, aber wo liegt das Problem? Warum braucht es so etwas wie Resonate?

Peter Harris: Das Problem ist, dass Künstler auf den großen Streaming-Plattformen kaum etwas verdienen. Bei uns ist das anders: 30 Prozent gehen zu Resonate, Künstler ohne Label erhalten die restlichen 70 Prozent. Für Künstler mit Labels ist es zudem möglich, nach dem Einloggen zu sehen, wie viel Prozent ihres Umsatzes an ihre Labels geht. Das bedeutet, dass wir beide Parteien direkt bezahlen oder, wenn gewünscht, das Geld direkt an das Label geht. Die zahlen dann einen vereinbarten Betrag an die Künstler. 
 


 

CCB Magazin: Es gibt kein Abonnementmodell für Resonate. Was ist so falsch an Abonnementmodellen? 

Peter Harris: Falsch daran ist, dass unabhängige Künstler fast nichts an Abonnements auf den großen Streaming-Portalen verdienen. Die Preise werden pro Stream mit sogenannten Superstars geteilt, die einen größeren Anteil bekommen. Das ist sie sogenannte "Big Pool"-Berechnungsmethode. Und das ist der Grund dafür, warum es keine feste Rate pro Stream gibt. Bei uns zahlen die Nutzer bei jeder Wiedergabe der Musik den gleichen Tarif. So weiß der Künstler oder die Künstlerin, wann ihre Songs gestreamt wurden und wie die Berechnungen sind. Niemand weiß das über die großen Streaming-Plattformen - außer die Streaming-Anbieter selbst.

CCB Magazin: Du sagst, der Nutzer zahlt 1,25 Euro für einen kompletten Song. Das Potenzial der großen Streaming-Plattformen liegt darin, für den Hörer so unkompliziert und kostengünstig wie möglich zu sein. Ist es realistisch, mit einem Modell wie Resonate eine echte Alternative zu den Streaming-Majors zu schaffen, wenn man für einen Song mehr als einen Dollar bezahlt?

Mit Resonate versuchen wir eine Kultur zu etablieren, die Musik als Kunst wahrnimmt und präsentiert, und nicht als Stimmungsregler oder Audio-Tapete. Und das spiegelt sich in unserer offenen Community wider, in der wir direkte Verbindungen zwischen Fan und Künstler fördern

Peter Harris: Ich denke ja. Was wir mit #stream2own machen, ist den Preis für einen Download über neun Stufen aufzuteilen. Wenn du einen neuen Künstler für dich entdeckst hast, ist der Preis im Grunde vergleichbar mit anderen Streaming-Diensten. Wenn du den Künstler aber dauerhaft hören willst, zahlst du einen höheren Downloadpreis. Beispiel: Wenn du als Künstler zu einer großen Playlist auf Spotify hinzugefügt wirst, steigen deine Erlöse am Anfang. Sie fallen aber wieder, sobald du nicht mehr Teil der Playlist bist. Und was bleibt am Ende? Du hast nicht mal echte Fans gewonnen. Genau das wollen wir mit Resonate ändern: Wir wollen eine Kultur etablieren, die Musik als Kunst wahrnimmt. Wir sind kein Stimmungsregler oder eine Audio-Tapete. Das spiegelt sich zudem in unserer Community wider, mit der wir direkt in Kontakt stehen und die zwischen Fans und Künstlern vermittelt. 

CCB Magazin: Resonate ist eine digitale Genossenschaft. Bei einer Genossenschaft haben alle Mitglieder das gleiche Stimmrecht, unabhängig davon, wie viel Geld im Spiel ist. Wenn man die Genossenschaft wieder verlässt, nimmt keiner die stillen Reserven und etwaige Wertsteigerungen mit. Wie funktioniert das bei Resonate? Müssen alle Anbieter Mitglieder sein? Und entscheidet jeder, wie Resonate weiterentwickelt wird? Erhalten alle die gleichen Ausschüttungen? 

Peter Harris: Die Grundregel aller Genossenschaften ist, dass ein Mitglied einen Anteil erwirbt und damit eine Stimme hat. Bei uns gibt es einen Mitgliedsbeitrag von fünf Dollar pro Jahr. Künstler erwerben ihren Anteil aber auch durch das Hochladen ihrer Musik, sonstige Personen durch ihre Mitgliedsbeiträge. Jedes Mitglied erhält aber auch einen Gewinnanteil und kann an den Abstimmungen teilnehmen. Was man  sagen muss: Nur autorisierte Mitglieder der Genossenschaft haben eine Stimme. Das heißt, Zuhörer, die einen Anteil erworben haben und Künstler, die ihre Songs oder nur einen Song hochladen, werden zum Schluss an den Gewinnausschüttungen beteiligt. 

Resonate ist eine digitale Genossenschaft. Jedes Mitglied erhält auch einen Gewinnanteil und kann an den Abstimmungen teilnehmen

CCB Magazin: Welche Zukunft haben kooperative Modelle wie eure? Sind sie eine Alternative zu den großen Anbietern? 

Peter Harris: Daran habe ich keinen Zweifel. Denn so wie die jetzigen Marktstrukturen und Konsumgewohnheiten sind, kann es nicht mehr weitergehen. Wir wollen einen Beitrag leisten. Wir haben klein angefangen. Mittlerweile haben wir bereits 10.000 Mitglieder. Und Resonanz wächst weiter. 

CCB Magazin: Wachstum verändert die Unternehmen. Oft steigen andere Unternehmen anteilig ein oder kaufen den kompletten Laden auf. Wie wollt ihr in Zukunft eure Unabhängigkeit bewahren? 

Peter Harris: Das einzige Szenario, in dem ein großes Unternehmen Resonate übernehmen könnte, wäre, wenn die Mitglieder das wollten. Aber wer würde das wollen? Wir haben im Laufe der Jahre etwas aufgebaut, das uns keiner nehmen kann, ein neues faires Musikvertriebssystem, an dem viele teilnehmen. Ich hoffe, es bleibt so. 

 

Rubrik: Innovation & Vision

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