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Flowkey: Die App macht die Musik

Flowkey: Die App macht die Musik
Foto: © flowkey

Das flowkey-Gründertrio (v.l.n.r.): Ahmed Hassan, unser Gesprächspartner Jonas Gößling und Alexander Heesing

Einfach mal in die Tasten hauen und Muse walten lassen. Das dreiköpfige Startup flowkey macht's möglich: Das Trio um Gründer Jonas Gößling hat eine eLearning-Plattform ins Leben gerufen, die einen Musiklehrer ersetzt. Wir haben nachgefragt: Wie funktioniert das? Und sind das gute Zeichen, wenn eine App einen Musiklehrer ersetzen kann?


INTERVIEW   MAUREEN NOE
 


CCB Magazin: Hallo Jonas, ihr habt eine eLearning-Plattform entwickelt, die einem das Klavierlernen spielend einfach machen soll. Ich habe das Erlernen und Spielen eines Instruments immer als eine gemeinschaftliche Sache erlebt und hätte, ehrlich gesagt, gar keine Lust, mich alleine vor dem Laptop am Instrument abzumühen. Fehlt bei dieser Art von Lernen nicht das gemeinschaftliche Element, der Austausch über die Musik und das Feedback eines Musiklehrers, der die persönlichen Stärken und Schwächen seines Schülers kennt?

Jonas:Was das Spielen angeht, gebe ich dir Recht – gemeinsam Musik zu machen ist tatsächlich ein einzigartiges Erlebnis. Aber um dahin zu kommen muss man üben, glaub mir: Beim Üben will dich eigentlich keiner hören, da musst du schon alleine durch. Genau dafür ist flowkey der ideale Partner: Wir bieten dir eine interaktive Form des Lernens, die sich fast wie Spielen anfühlt.

CCB Magazin:Und wie funktioniert das?

Jonas:Wir bieten dir Inspiration, welche Songs du spielen könntest und wecken so dein Interesse am Musikmachen. Und wir bieten dir eine Lernform, bei der du jederzeit die Bewegungsabläufe siehst und den idealen Klang hörst - anders als bei einem Notenblatt. Außerdem kannst du jederzeit in der App mit unseren Profis chatten und Hilfe erhalten. Stell dir flowkey wie einen Freund vor, der dir beim Lernen, Üben und Spielen hilft - und jederzeit verfügbar ist.

Stell dir flowkey wie einen Freund vor, der dir beim Lernen, Üben und Spielen hilft. Denn beim Üben will dich eigentlich keiner hören, da musst du schon alleine durch - genau dafür ist flowkey der ideale Partner

CCB Magazin:Auf eurer Seedmatch-Kampagnen-Seite schreibt ihr, dass ihr klassischen Musikunterricht frustrierend empfindet – ihr wollt ihn „revolutionieren“. Was genau frustriert euch? Was macht flowkey besser?

Jonas:Der Spaß an der Musik geht schnell verloren, wenn sich Lehrer nicht auf die Schüler einstellen und stur ihr Tonleiterprogramm durchziehen. Zudem ist gerade für Anfänger das Üben mit einem Notenblatt nicht ideal. Auch nach Jahren Musikunterricht können sich viele Schüler noch nicht richtig vorstellen, wie eine Note, eine Notenabfolge, oder ein Akkord klingen soll. Da kann Technologie wirklich helfen: Bei flowkey siehst du im Video jederzeit die genauen Fingerbewegungen und hörst, wie der Song klingen soll. Dabei kannst du selbst mitspielen und sofort merken, wenn du Fehler machst.

 

Song schon entdeckt? Die Glücksforschung sagt: Im Flow lernen macht Spaß, geht schneller und motiviert dich, dran zu bleiben. Foto: flowkey.
 

CCB Magazin:Flowkey soll den Zeitaufwand um 80 Prozent reduzieren, den es braucht, um neue Songs zu lernen. Aber ist das erstrebenswert? Geht es nicht darum, erst Muse zu entwickeln und sich für eine kreative Tätigkeit Zeit zu nehmen? Die meisten Menschen machen Musik als Hobby, aus reinem Spaß am Musizieren. Sollte zeitliche Effizienz ein Kriterium für guten Musikunterricht sein?

Jonas:Im Grunde gebe ich dir Recht – Musik machen und lernen braucht Zeit. Die meisten Menschen haben aber auch einen Job, der nur begrenzte Zeit für Hobbys lässt. Da ist es schon praktisch, wenn man statt einer Stunde nur eine halbe Stunde üben muss, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Unser Argument bezieht sich auch eher auf das Lernen mit Videos: Hast du schon mal versucht, bei YouTube Gitarre oder Klavier zu lernen? Entweder geht es zu schnell oder zu langsam und wenn du etwas wiederholen möchtest, klickst du wie wild auf der Zeitleiste herum. Das macht überhaupt keinen Spaß. Wir reduzieren die Klicks auf das Allernötigste.

CCB Magazin:Ein Musiklehrer vermittelt ja nicht nur das Spiel-Handwerk, er ist im besten Fall auch ein großer Motivator. Und an der Motivation, behaupte ich mal, scheitern die meisten Versuche, ein Instrument zu lernen. Kann ein eLearning-Programm wirklich einen Musiklehrer ersetzen?

Jonas:Ich würde es anders formulieren: Kann eine eLearning-Plattform den Musikunterricht verbessern? Und da sage ich: definitiv ja! Bisher spielt die Digitalisierung im Musikunterricht fast keine Rolle, zumindest in Deutschland – und genau da liegt das Problem. Nur wenige Schulen und Lehrer lassen sich auf die digitale Welt ein, die für Kinder und Jugendliche selbstverständlich zum Leben dazugehört. Warum lernt man im Klavierunterricht nicht, welche Rhythmik-Muster oder Akkorde für die Produktion eines Hip-Hop- oder House-Tracks verwendet werden können? Warum sollte ich stundenlang auf ein stummes Blatt Papier starren, wenn es heute Audio- und Videostreaming gibt? Zudem haben wir bei flowkey sehr viele Nutzer, die sich einen Lehrer nicht leisten können, keinen guten Lehrer finden oder schlicht keine Zeit für regelmäßigen Unterricht haben. Diese Menschen würden ohne uns vielleicht gar keine Musik machen, was wirklich schade wäre.

Unser Lernsystem basiert auf den Grunderkenntnissen der mittlerweile jahrzehntelangen Forschung zum Thema Flow. Das versuchen wir fortzusetzen 

CCB Magazin:Klassischer Musikunterricht ist oft sehr teuer und dadurch oft ein Privileg von einkommensstarken Teilen der Bevölkerung. Ist flowkey ein Versuch, den Musikunterricht zu demokratisieren? Oder führt es erst zu einem Unterbietungswettlauf, weil Flowkey auf Verbilligung setzt? 

Jonas:Definitiv ersteres, denn genau darum geht es uns. Jeder Mensch soll die Möglichkeit bekommen, einfach und mit Spaß Musik zu machen und sich dabei nicht an verstaubte Unterrichtsnormen gebunden zu fühlen. Die Deutschen greifen ja rein statistisch immer seltener zum Instrument, laut einer Konsumentenbefragung wird in nur knapp 20 Prozent der Haushalte Musik gemacht, Tendenz sinkend. Fast ein Drittel der Bevölkerung hat aber Lust ein Instrument zu lernen, oft fehlt nur die Zeit und das Geld. Hier setzen wir an. 

CCB Magazin:Der Name flowkey bezieht sich auf ein bekanntes Motivationsprinzip aus der Psychologie und Pädagogik, dem Prinzip des Flows. Wie habt ihr euer Programm gestaltet, dass der Nutzer in einen Flow kommt und die Lust am Lernen nicht verliert?

Jonas:Unser Lernsystem basiert auf den Grunderkenntnissen der mittlerweile jahrzehntelangen Forschung zum Thema Flow. Der Zustand des Flow ist für Menschen überaus angenehm, es müssen jedoch einige Bedingungen erfüllt sein, damit Flow erlebt werden kann: Man darf sich weder unter- noch überfordert fühlen, die Handlung muss fokussiert sein, ohne Unterbrechungen ablaufen und es sollte eine unmittelbare Rückmeldung stattfinden, ob man sich richtig verhält. Diese Bedingungen haben wir mit unserem interaktiven Lernmodus, dem „Warte-Modus“, weitestgehend erfüllt. Im Warte-Modus stoppt der Song bei jeder Note und läuft erst dann weiter, wenn man mit seinem eigenen Instrument richtig mitspielt.

CCB Magazin:Der Nutzer kann also exakt in seinem eigenen Tempo spielen?

Jonas:Genau, ohne das Video zwischendurch per Hand stoppen zu müssen und so den Flow zu unterbrechen. Zudem steht immer nur eine Handlung im Fokus der Konzentration: den nächsten Ton oder Akkord richtig zu spielen. Unmittelbares Feedback gibt es über unsere interaktive Tonerkennung. Woran wir gerade noch arbeiten ist das Thema der Unter- und Überforderung. Aktuell bieten wir eine Auswahl an Songs, aus der der Nutzer selbst wählen kann. Einsteiger können sich anfangs jedoch häufig noch nicht gut selbst einschätzen und laufen Gefahr, sich zu schwere Songs auszuwählen. Langfristig bedarf es also einer noch besser ausdifferenzierten Didaktik und eines Empfehlungssystems, das Lerndaten auswertet und den nächsten Song oder die nächste Übung vorschlägt. Beim Thema Flow kann man sich im Übrigen viel von der Gaming-Industrie abschauen, die das Flow Erlebnis für den Nutzer perfektioniert hat.

CCB Magazin:Ultima questione: Was kostet die App und wie finanziert ihr euch?

Jonas:Wer flowkey erst einmal ausprobieren möchte, kann dies ganz unverbindlich mit acht kostenlosen Songs und den ersten Kurslektionen tun. Für alle, die mehr wollen, bieten wir verschiedene Premium-Tarife an. Der monatliche Tarif kostet 19,99 EUR. Für alle, die wirklich mittel- und langfristig mit uns üben wollen, lohnt sich unser Jahrestarif für 119,88 EUR. Zum Glück gehören wir zu den wenigen Startups, die es schnell geschafft haben, profitabel zu sein. Daher brauchen wir auch keine externe Finanzierung mehr, sondern werden von unseren glücklichen Kunden finanziert! 

CCB Magazin:Jonas, danke für dieses Gespräch. 


flowkey Seedmatch Video from flowkey.

 

Rubrik: Innovation & Vision

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