Nachhaltigkeit, Recht & Gründung, Räume
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Im Auftrag von Museen und Ministerien setzt das Berliner Unternehmen Garamantis Inhalte in Szene. Dafür wurden sie nun mit dem Kultur- und Kreativpilotenpreis ausgezeichnet. Ihre komplexen, multimedialen Konzepte brillieren nicht nur durch Originalität und Einfachheit. Sie zeichnen sich auch durch großes technisches Knowhow aus. Wir waren vor Ort im Euref Campus und haben uns das mal angeschaut.
In diesen Tagen wird die „Jauch-Kuppel“ im Schöneberger Gasometer zerlegt und nach Düsseldorf verfrachtet. Dort entsteht ein zweiter Euref-Campus. Die Firma, die den Plan der Architekten für den neuen Campus in Szene gesetzt hat, sitzt keine dreißig Meter schräg von der noch „Jauch-Kuppel“ entfernt. Sie ist einer der Gewinner des Kultur- und Kreativpilotenpreises, der im Dezember vergangenen Jahres vergeben wurde. Die Tür zu den Büroräumen von Garamantis steht sperrangelweit offen. Der unscheinbare Eingang lässt kaum erahnen, wie viele ausgeklügelte Ideen hier entstehen. Draußen regnet es in Strömen und ein schneidig-kalter Wind fegt über den Asphalt; drinnen beugen sich zwei Männer über ihre Monitore inmitten von Geräten und kuriosen Gegenständen.
Die Zentrale von Garamantis, die Werkstatt, Lager und Büro in einem scheint, ist normalerweise etwas belebter und, wie einer der beiden Männer mit einem entschuldigenden Achselzucken andeutet, auch aufgeräumter. Berlin im Januar, Lockdown, Homeoffice, Kundenpflege aus der Ferne – wen kümmert da ein bisschen Betriebschaos. Andreas Köster, Head of Communications, zieht sich eine Maske über und präsentiert die Showrooms nebenan. Auch hier herrscht ein wenig Chaos. Einige halbgebaute Multitouch-Scanner-Tische, Garamantis‘ Kassenschlager, stellen den halben Raum zu, im Nachbargebäude wird gelärmt und gewerkelt. Im kleinen Showroom aber sieht alles ganz präsentabel aus. Hier bekommt man eine Idee, was das Team um Garamantis macht.
Andreas Köster stellt sich an das eine Ende des weißen Multitouch-Scanner-Tisches, auf dem bunte animierte Kreise wie in einem Flipperautomat durch die Gegend schießen. Die Kreise stellen die Projekte von Garamantis in Miniaturform dar. Mit dem Zeigefinger hält er einen der Kreise an und wirft ihn auf die gegenüberliegende Wand, auf der sich das Projekt öffnet. Schon das wirkt wie Magie. Aber einen Reporter aus der Generation Y lockt das noch nicht hinterm Ofen vor! Lässig aus dem Ärmel wirft Andreas Köster ein Projekt nach dem andern an die Wand und erklärt, was es damit auf sich hat.
Garamantis' Expertise liegt darin, Inhalte spielerisch und leicht erfassbar zu präsentieren. Indem sie viele Sinne ansprechen, schaffen sie ein erinnerungswürdiges Erlebnis für ihre Kunden und das Publikum
Seit der Gründung des Unternehmens 2014 durch Oliver Elias und Marcus Dittebrand hat Garamantis kräftig zugelegt und neben vielen kleinen auch mehrere größere Projekte an Land gezogen. Zu ihren Kunden zählen Unternehmen, Ministerien, Universitäten, Agenturen, Messen und Museen. Eines der größten Projekte, erklärt Köster, sei vor wenigen Jahren für das Deutsche Spionagemuseum am Potsdamer Platz entstanden, für dessen Eröffnung sie u.a. 200 Installationen, davon 150 interaktiv, und eine zehn Meter lange Multitouch-Wall entworfen hätten. Das Publikum sei so in den Genuss gekommen, spielerisch und durch ausgefeilte haptische und visuelle Ästhetik die Inhalte des Museums aufzunehmen. Denn darin liegt Garamantis‘ Expertise: Inhalte leicht fassbar und mit Spiel zu inszenieren. Emotional Learning nennt man das, was nichts anderes bedeutet, als dass Inhalte leichter aufgenommen werden können, wenn mehrere Sinne an der Wahrnehmung beteiligt sind. Der Fokus liegt dabei meistens auf visuellen und haptischen Elementen. Dazu gehören neben den oft verwendeten Multitouch-Scanner-Tischen diverse andere Technologien wie interaktive Installationen, mobile Applikationen, Virtual Reality und vieles mehr.
Jedes neue Projekt, sagt Köster, sei eine neue Herausforderung. Dabei ginge es nicht immer nur kurzweilig und spielerisch zu, es gäbe auch ernste Projekte. Für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hätten sie beispielsweise zusammen mit der Ars Electronica aus Linz, Garamantis‘ wichtigstem Partner, einen Showroom nahe Rom eingerichtet; dort, im „Zentrum für Erdbeobachtung“, begeben sich die Länderdelegationen hin, um sich ein Bild von den Forschungsergebnissen ihrer finanzierten Satellitenprogramme zu machen. Bald wird Garamantis auch eine interaktive Vitrine für die ESA bauen, hinter der ein 200 Kilogramm schwerer Satellit ausgestellt werden soll. Und für das Bundesentwicklungsministerium entwickelten sie jüngst für die „Grüne Woche“ eine Klimakuppel. In der Kuppel konnten sich 12 Menschen über eine VR-Brille nach Madagaskar beamen, um dort die Auswirkungen des Klimawandels zu beobachten. Das Besondere dabei war, dass man außer der 360-Grad-Ansicht von Madagaskar auch das Meer riechen und die Hitze spüren konnte.
Für ihre komplexen Installationen und Dienstleistungen, sagt Köster, bedarf es eines „bunten Entwicklungs-Potpourris“. Fast alle der acht festen Mitarbeiter von Garamantis beherrschten verschiedene Programmiersprachen und könnten mit dem 3D-Programm Unity umgehen. Das Unternehmen stellt aber nicht nur Software bereit, sondern kümmert sich auch um die Hardware und den reibungslosen Ablauf der Events. Dafür haben sie ein „loses Netzwerk“ an Tischlern, Metall- und Modellbauern, Übersetzungsbüros, Agenturen, Web- und Grafikdesignern und natürlich Softwareentwicklern, mit denen sie zusammenarbeiten. Und das alles, betont Köster, hätten sie ohne Fremdkapital auf die Beine gestellt, das Unternehmen sei „organisch gewachsen“ und sieht sich selbst auch eher als eine Agentur als ein Startup.
Für ihre komplexen Installationen und Dienstleistungen braucht das Team von Garamantis viel Knowhow: Alle beherrschen mehrere Programmiersprachen und können sogar Roboter programmieren
Oliver Elias erhebt sich von seinem Platz und läuft zum Showroom rüber. Als einer der Gründer von Garamantis weiß er am besten über die Entwicklung des Unternehmens Bescheid. Seine schwarzumrandete Brille beschlägt immer wieder über seiner Maske beim Reden, was ihm, denkt der Reporter überrascht, den Nimbus eines Nerds verleiht. Im positiven Sinne versteht sich. Elias hat Medieninformatik studiert und bei Ars Electronica seine Diplomarbeit verfasst. Das bekannte Festival für Kunst und Technologie aus Österreich habe ihrer Firma einen „Grundstock an Projekten beschert“, sagt Elias, und sei über die Jahre zu ihrem wichtigsten Partner geworden. Andere Partner, mit denen Garamantis kollaboriert, sind u.a. der Euref Campus, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie und die Agentur Hustle and Bustle, durch die sie in Singapur ein zweites Büro eröffnet haben. Zusammen bilden sie ein starkes Netzwerk.
Die Entscheidung, keine Investoren zu haben, sei bewusst getroffen worden, sagt Elias. Das war nicht leicht, erinnert er sich, gerade am Anfang habe man sich „von Monat zu Monat“, von Auftrag zu Auftrag gehangelt. Die Arbeit ist sehr komplex: es gibt den Hardwareteil, der gebaut und mit der Software verbunden werden muss, und dann die Inhalte, die integriert werden müssen. Und das alles soll möglichst in einem einfachen, leicht zu handhabenden Konzept verarbeitet werden mit dem Ziel ein erinnerungswürdiges Erlebnis für den Kunden und das Publikum zu schaffen. Gerade darin, in der Einfachheit und Bestechlichkeit der präsentierten Inhalte, so Elias, liege die große Kunst. Der innovativen Entwicklung der Konzepte geht eine ständige Entwicklung der technologischen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Teams um Garamantis voraus. So hätten einige Unternehmen ähnliche Angebote wie sie selbst, das Gesamtpaket und der günstige Preis machten jedoch oft den Unterschied aus, weshalb man sich für sie und nicht die Konkurrenz entscheiden würde.
Für ihren Multitouch-Scanner-Tisch wurde Garamantis 2017 mit dem Innovationspreis-IT der Initiative Mittelstand ausgezeichnet. Und auch der gerade gewonnene Kultur- und Kreativpilotenpreis der Bundesregierung verleiht der Firma ein wertvolles Prädikat. Er beinhaltet ein einjähriges Mentorenprogramm, das helfen soll, Prozesse und Angebote zu optimieren. Sie könnten sich nun erlauben „strategisch zu denken“, sagt Elias, man wolle den Service weiter ausbauen und versuchen, künftig auch die Inhalte in einem Gesamtpaket bereitzustellen, diese würden bisher immer noch von anderen Agenturen oder Kuratoren ausgearbeitet. Das Team um Garamantis arbeitet hart daran, um noch stärker ein Alleinstellungsmerkmal herauszubilden. Der Name Garamantis, sagt Elias noch zum Schluss, habe übrigens „keine tiefere Bedeutung“ und sei der griechischen Mythologie entlehnt. Er klinge einfach gut. Und nützt bei der Vermarktung. Das wusste schon der alte Freud.
Rubrik: Innovation & Vision
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