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Esra Gülmen: "Ich liebe dieses Chaos"

Esra Gülmen: "Ich liebe dieses Chaos"

Die Künstlerin Esra Gülmen wurde 1986 in Istanbul geboren. Vor einigen Jahren kam sie nach Deutschland - am 17. September 2021 ist sie Headlinerin des Forward Festivals in Berlin. Wir sprachen mit ihr über ihre Kunst, die Corona-Krise und was auf dem Forward-Festival zu entdecken gibt. 
 

Interview:Felicia holtkamp

 

CCB Magazin:Istanbul, Frankfurt, Amsterdam, ... du hast bereits in vielen großen Städten gelebt. Was hält dich in Berlin?

Esra Gülmen:Berlin ist groß und für deutsche Verhältnisse chaotisch. Ich bin in Istanbul aufgewachsen und hier ist es wie im Himmel, mich stört auch das Chaos nicht, das macht mich kreativ. Es ist auch sehr ruhig und nahezu friedlich hier. Eigentlich sind große Städte nichts für mich. Ich fühle mich häufig ängstlich und gestresst, aber Berlin hat diese gewisse Magie. In Berlin habe ich das Gefühl, atmen zu können.

CCB Magazin:Was macht Berlins Kreativszene besonders?

Esra Gülmen:Es ist schwer, Berlin mit anderen Städten zu vergleichen. Aber in Berlin kann man als Mensch einfach man selbst sein. Hier ist es egal, woher man kommt. Ich bin Türkin, spreche nicht so gut Deutsch, aber ich fühle mich trotzdem zu Hause. Ich denke, für uns Kreative ist dieses Freiheitsgefühl die richtige Basis.

CCB Magazin:Seit dem Ausbruch des SARS-CoV-2 Virus hat sich einiges verändert. Wie nimmst du die Veränderungen wahr? Wie verändert das Virus Kunst und Kultur?

Esra Gülmen:Ich spreche nur aus meiner eigenen Perspektive, aber ich denke im Allgemeinen hat Corona uns wirklich gutgetan.

Während des Lockdowns hatten wir Kreativen endlich mal Zeit, um uns hinzusetzen und zu kreieren - ich werde kreativ, wenn ich mich niedergeschlagen fühle. Die Tage im Lockdown waren für mich perfekt

CCB Magazin:Bitte?

Esra Gülmen:Ich meine damit nicht die Gesundheitsgefahren. Ich spreche vom Zeitgewinn. Endlich hatten wir Kreativen mal genug Zeit, um uns hinzusetzen und zu kreieren - und somit mehr Dinge zu produzieren. Es gab so viele Online-Ausstellungen. Die Kunstszene konnte sich schnell an die Situation anpassen. Sie hat das Beste draus gemacht.

CCB Magazin:Corona hat dein Leben also zum Positiven verändert?

Esra Gülmen:Ich würde es so sagen: Ich kann nicht kreativ sein, wenn ich friedlich und glücklich bin. Kreativ werde ich, wenn ich mich niedergeschlagen fühle. Die Tage im Lockdown waren für mich perfekt, denn es gab genug Zeit für Traurigkeit und genug Zeit, um mich selbst zu hinterfragen. Eine weitere gute Sache am Lockdown ist, dass es kein Fomo gab – Fear Of Missing Out. Berlin ist eine verrückte Stadt. Es ist immer etwas los, und man hat immer das Gefühl, etwas zu verpassen. Während des Lockdowns war das anders: Es gab nichts zu verpassen. Ich denke, das ist das Gefühl, das ich am meisten vermissen werde.

CCB Magazin:Worauf legst du bei deiner Kunst besonders wert und was inspiriert dich?

Esra Gülmen:Am meisten inspirieren mich schlechte Gefühle. Chaos, alltägliche Probleme oder andere Menschen. Ich liebe dieses Chaos. Ich nutze meine schlechten Gefühle wie Traurigkeit oder Frustration aus. Ich verwandle sie in etwas Positives - in meine Kunst.

Werke von Esra Gülmen / Fotos: Esra Gülmen

 

CCB Magazin:Am 17. September 2021 findet im Babylon Kino und zum ersten Mal in Berlin das Forward Festival statt. Es ist ein 13 Stunden langes Tag- und Nacht-Event. Das Festival steht für Kreativität, Design und Kommunikation. Es nehmen bekannte und aufstrebende Kreative aus den unterschiedlichsten Disziplinen wie Design, Typografie, Architektur, Fotografie und Film teil. Du bist Headlinerin des Festivals. Wie fühlt sich das an?

Esra Gülmen:Ich freue mich sehr auf das Festival, bin aber auch etwas nervös. Eines meiner größten Hobbies ist es, auf der Bühne zu stehen. Ich mache das gerne und bekomme immer gute Rückmeldungen. Dennoch frage ich mich immer wieder, ob ich gut genug bin. Es kommen so viele bekannte Persönlichkeiten aus der Kreativszene an diesem Tag und ich freue mich sehr, Teil davon zu sein.

CCB Magazin:Warum braucht Berlin ein weiteres Design-Festival? Was hat das Forward Festival, was andere Festivals nicht haben?

Esra Gülmen:Welches Design Festival gibt es momentan in Berlin, das besser ist als Forward? Bei anderen Festivals geht es um Charakterdesign, temporäre Kunst und Illustrationen. Bei Forward steht die Kreativität im Vordergrund. Es ist eine tolle Mischung aus ganz unterschiedlichen Leuten wie Fotografen, Illustratoren, Kreativdirektoren,… einfach große Popstars der Kreativwelt. Ich finde auch, dass viele Festivals der Werbung dienen, Forward soll dagegen die Menschen inspirieren.

Bei Forward steht die Kreativität im Vordergund, um Menschen zu inspirieren

CCB Magazin:Worauf können sich die Besucher des Forward Festivals freuen?

Esra Gülmen:Das Festival ist sehr kompakt, es geht nur 13 Stunden. Als Rednerin freue ich mich erstmal sehr auf meinen eigenen Auftritt. Danach spreche ich mit Johann König auf der Bühne. Wir haben eine gemeinsame Ausstellung in Istanbul und werden uns vornehmlich über Kunst unterhalten. Auch Daniel Gebhart de Koekkoek ist eine wirkliche Inspiration. Er ist ein Fotograf, den ich immer bewundert habe. Ich war bereits lange Zeit ein Fan von ihm, bis wir schließlich Freunde wurden. Auch er spricht beim Forward Festival und ich freue mich sehr auf seinen Vortrag. Ich bin gespannt, all diese kreativen Menschen kennenzulernen.

Arbeiten von Max Siedentopf, bildender Künstler, der in den Bereichen Video, Fotografie, Skulptur und an dieser Schnittstelle arbeitet. Er ist Mitbegründer der Zeitschrift ORDINARY und arbeitet als Regisseur bei RiffRaff Films // Max Siedentopf.
 
 

Arbeiten von Nicole McLaughlin: Die Designerin aus New York beschäftigt sich vor allem mit Nachhaltigkeit und Upcycling. Das Schlüsselelement ihres Erfolgs ist es, einen anderen Blick auf Abfall und somit nachhaltigem Design einzunehmen. 

Fotografie von Martha Cooper / Martha Cooper spezialisierte sich in den letzten 40 Jahren auf das Fotografieren von Graffiti und Street Art. Ihre Arbeiten wurden weltweit in Museen und Galerien ausgestellt und erschienen in unzähligen Magazinen von National Geographic bis Vibe.

CCB Magazin:Das Ziel des Festivals ist es, eine Plattform für Kreative zu schaffen und Vertreter aus kreativen Disziplinen zusammenbringen. Wo siehst du sonst noch Ziele?

Esra Gülmen:Für mich ist es ein Festival Inspiration, auch wenn ich nicht an die großen Ziele glaube. Es geht darum, Menschen bei ihrer Kreativität zu fördern. Diese großen Ziele sind mir zu kommerziell.

Rubrik: Im Profil

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