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Klimaschutz, erster Gang

Klimaschutz, erster Gang
Foto: © Timo Ohler

London hat es vorgemacht, jetzt zieht Berlin nach - 2020 schlossen sich in London mehrere Galerien zur Gallery Climate Coalition (GCC) zusammen. Das Ziel: Die CO2-Emissionen in Kunstbetrieben nach Vorlage des Pariser Klima-Abkommens bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Wir haben beim Berliner Ableger nachgefragt: Findet hier ein echter Bewusstseinswandel statt?  Wie können Galerien ihren ökologischen Fußabdruck senken?
 

INTERVIEW   Boris Messing

 

CCB Magazin: In London haben sich im Oktober 2020 die Londoner Kunstmesse Frieze, die Blue-Chip-Galerien Thomas Dane, Sadie Coles, Kate MacGarry und Lisson zur Gallery Climate Coalition zusammengeschlossen. Jetzt rückt Berlin nach. Ihr verpflichtet euch, die CO2-Emissionen im Kunstbetrieb bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren und über ein "Zero-Waste-Konzept" die Abfallproduktion zu vermeiden. Wer macht in Berlin alles mit?

GCC: Eine ganze Menge! Mittlerweile sind wir an die 50 Mitglieder in Berlin, insgesamt sind es über 500. In Berlin gehören die ChertLüdde Gallery, das E-WERK Luckenwalde, die Esther Schipper Gallery, Haverkampf, Neugerriemschneider, Office Impart und Ki Culture dazu - um nur einige zu nennen.

CCB Magazin:In welchem Bereich liegen die größten Problemfelder der CO2-Reduktion?

GCC:Mit eine der größten Herausforderungen liegt darin, die Transporte und Reisen CO2-neutraler zu gestalten. Man kann leider nicht alle Luftfracht-Lieferungen auf Seefracht umlegen. Nicht nur aus Zeitgründen, sondern auch aus versicherungstechnischer Sicht. Die Prämien sind für viele Galerien einfach zu hoch. Dort findet aber – allen voran in London – bereits ein Wandel statt und neue Versicherungs-Guidelines werden gerade formuliert. Zudem müssen Termine bei der Reiseplanung anders koordiniert werden. Die Umstellung muss schrittweise erfolgen: Umsteigen auf Zugfahrten statt Flüge innerhalb Europas, wenn möglich, bei Überseereisen mehrere Termine miteinander kombinieren, wo es geht.

CCB Magazin:Was unternehmt ihr denn jetzt ganz konkret, um den jeweiligen ökologischen Fußabdruck zu senken?

GCC:Ein wichtiger Beginn ist für uns die GCC-Berlin-Website, auf der man sich aktiv über das Thema der CO2-Reduzierung informieren kann, mit konkreten Umsetzungsvorschlägen in den Bereichen Transport, Verpackung oder Energieverbrauch offline und online. Dort integriert ist auch ein CO2-Rechner, mit dessen Hilfe jede Institution oder Galerie ihren CO2-Fußabdruck dokumentieren und man somit jedes Jahr den Verbrauch vergleichen kann. Neben der Website beginnen wir aktuell mit der Koordination gemeinsamer Transporte für Kunstwerke im Ausstellungs- und Messekontext. Dazu gibt es auf der GCC-Berlin-Website ein Forum, in dem sich Mitglieder über Transporte, Verpackungen oder Ausstellungsequipment austauschen können. Außerdem planen wir ein "Zero Emission"-Lager, das eine nachhaltige Lagermöglichkeit und Transportkoordination verbinden soll. Hiermit könnte die Berliner Kunstszene ein wichtiger Vorreiter werden. Für uns ist es wichtig, dass wir nicht mit "Offsetting" arbeiten wollen, also einem "Emissions-Ausgleich", um vermeintlich schnell und einfach CO2 zu reduzieren. Die Reduktion sollte in der Praxis Schritt für Schritt passieren.

Ein umweltbewusster Umgang mit den Ressourcen, Materialien und der Logistik im Kunstbetrieb ist absolut machbar, ohne dass sich die Welt auf den Kopf stellt. Der Kunstbetrieb wird sich genauso ändern müssen, wie alle anderen Bereiche der Gesellschaft - und das wird uns gelingen

CCB Magazin:Wie wird der Prozess begleitet? Woher kommt die Expertise?

GCC:Wir stehen in Kontakt mit Umweltinitiativen in der ganzen Welt. Dazu gehören Organisationen wie Client Earth, Julie’s Bicycle, Galleries Commit oder Ki Culture. Zu letzterer gehört auch Kim Kraczon, die unser Team hier in Berlin im Bereich Verpackung und alternative Materialien berät. Wir wollen ein aktives Netzwerk zwischen den Galerien, Institutionen und Künstler*innen in der Stadt ins Leben rufen. Es geht uns darum, neue Standards für eine nachhaltigere Produktions- und Logistikverfahren in der Kunstbranche zu etablieren.

CCB Magazin:Aber wer kontrolliert zum Schluss die Ergebnisse? Was wird in welcher Form wie transparent gemacht?

GCC:Wir ermutigen alle GCC-Mitglieder, den CO2 Rechner auf der GCC-Website zu nutzen, um für sich selbst eine Übersicht über den eigenen Verbrauch zu bekommen und davon ausgehend an den Maßnahmen für ihre Galerie zu arbeiten. Jeder hat da für sich seine eigenen Herausforderungen und Möglichkeiten. Der Großteil dieser Reports wird auf der Website veröffentlicht unter: https://galleryclimatecoalition.org/de/campaign-results/. Es ist aber jedem selbst überlassen, ob er seine Ergebnisse veröffentlichen will.

CCB Magazin:Wie wird die ökologische Transformation den Kunstbetrieb insgesamt verändern? Der britische Maler Gary Hume wird seine Werke nur noch auf dem Schiffsweg verschicken, andere Künstler wollen künftig ausschließlich zu Messen anreisen, die mit dem Zug zu erreichen sind. Werden wir Zeuge einer neuen ökologischen Kontrollgesellschaft oder müssen sich Künstler wieder mal ein Ohr abschneiden, damit die Pariser Klima-Ziele endlich umgesetzt werden?

GCC:Ein umweltbewusster Umgang mit den Ressourcen, Materialien und der Logistik im Kunstbetrieb ist absolut machbar, ohne dass sich die Welt auf den Kopf stellt. Wir können und müssen an vielen Punkt ansetzen und grundsätzlich einige Abläufe neu denken und uns umstellen. Der Kunstbetrieb wird sich genauso ändern müssen, wie alle anderen Bereiche der Gesellschaft und das wird uns gelingen, wenn alle Akteure gemeinsam diesen Weg gehen. Wir sind überzeugt, dass uns dies gelingen wird und wollen mit GCC dafür unseren Beitrag leisten.


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