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Making a Difference

Making a Difference
Foto: © Mayra Wallraff

Gemeinsam mit Anne Rieger leitet Noa Winter das Projekt Making a Difference, einem Zusammenschluss acht Berliner Institutionen im Tanz- und Performancebereich, die das Thema Inklusion und Barrierefreiheit vorantreiben wollen. Darüber ging es auch bei einem Talk auf der diesjährigen Pop Kultur, bei der Noa Winter als Gast eingeladen war. Wir haben mit ihr über das Projekt gesprochen.
 

INTERVIEW  Boris Messing

 

CCB Magazin:Hallo Noa, du hast auf der Pop Kultur zusammen mit Lisette Reuter an einem Talk zum Thema Inklusion und Barrierefreiheit teilgenommen. Bitte stelle dich doch kurz mal vor: Wer bist du und was machst du?

Noa Winter:Ich bin eine weiße, queere, behinderte und chronisch kranke Person und arbeite vor allen Dingen kuratorisch und dramaturgisch, aber auch organisatorisch im Kulturbereich. Aktuell ist eine meiner Haupttätigkeiten, dass ich gemeinsam mit meiner Kollegin Anne Rieger das Projekt Making a Difference leite.

CCB Magazin:Was ist Making a Difference und wer hat das Projekt initiiert?

Noa Winter:Making a Difference ist ein Netzwerkprojekt aus acht Berliner Institutionen im Bereich Tanz und Performance, die sich mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, behinderte, Taube und chronisch kranke Künstler*innen in der Berliner Tanzszene zu unterstützen. Das Projekt existiert seit 2018 und geht unter anderem auf Initiative von Anna Mülter zurück. Wir sind davon überzeugt, dass es nicht nur Projekte mit behinderten Menschen geben muss, sondern vor allem welche, die von ihnen selbst ausgehen. Deswegen ist unsere Leitlinie, alle Leitungs- und Expert*innenpositionen mit behinderten, Tauben und chronisch kranken Menschen zu besetzen. Das unterscheidet unser Projekt, unseren Ansatz, von vielen anderen.

Wir sind davon überzeugt, dass es nicht nur Projekte mit behinderten Menschen geben muss, sondern vor allem welche, die von ihnen selbst ausgehen

CCB Magazin:Warum sind Menschen mit Behinderungen nicht genug in den Tanz- und Performancebereich integriert, warum sind sie nicht sichtbar?

Noa Winter:Die Performance- und Tanzszene in Berlin ist für behinderte und Taube Künstler*innen an ganz vielen Stellen nicht barrierefrei. Das betrifft nicht nur die Aufführungsorte an sich, sondern auch die Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Gerade eigene Arbeiten von behinderten Künstler*innen sind so gut wie nicht präsent, und da war es klar, dass es ein Projekt braucht, um diese Zustände zu verändern. Der Grund für diese Zustände ist struktureller Art: die meisten behinderten Menschen landen noch immer auf Förderschulen, wo man bis auf wenige Ausnahmefälle nicht unbedingt den Schulabschluss machen kann, den man braucht, um zu studieren oder ähnliches. Und selbst wenn der Wille da ist, geben das oft die Ausbildungsmöglichkeiten nicht her. Tanzunterricht beispielsweise ist noch immer vorwiegend von nichtbehinderten Menschen für andere nichtbehinderte Menschen und wenn überhaupt für behinderte Menschen dann nicht für einen professionellen Ausbildungsweg angelegt. Da spielt das Vorurteil mit rein, dass behinderte Menschen nicht als Künstler*innen wahrgenommen werden, sondern als Sozialfälle. Zuletzt ist unser Kulturfördersystem so ausgelegt, dass man als behinderte*r Künstler*in ohne entsprechendes Studium oder eigene Projekte gar nicht erst die Bedingungen erfüllt, um eine Förderung zu erhalten.

CCB Magazin:Wie sieht die konkrete Umsetzung des Projekts aus?

Noa Winter:Es gibt einmal den Fokus auf die Künstler*innen. Hier wird zum Beispiel in den erwähnten acht Institutionen versucht, durch Residenzen und Koproduktionen eine Basis für Produktionen von behinderten Menschen zu schaffen. Das soll auch dazu führen, dass sie durch ihre Referenzen dieser Produktionen vom Fördersystem anerkannt werden und zukünftig daran teilnehmen können. Das hat auch schon teilweise funktioniert. Der zweite Teil von Making a Difference besteht darin, das Wissen darüber, wie man mit behinderten und Tauben Künstler*innen im Tanz- und Performancebereich arbeitet, in den Institutionen dauerhaft zu erhalten. Wir arbeiten mit den Institutionen daran, ihre Mitarbeiter*innen für die Themen Inklusion und Barrierefreiheit zu sensibilisieren und auch konkrete Maßnahmen für Barrierefreiheit umzusetzen. Sie sollen sich im besten Fall ein Ziel setzen, wo es hingehen soll, was sie verändern können.

Unsere Leitlinie ist es, alle Leitungs- und Expert*innenpositionen mit behinderten, Tauben und chronisch kranken Menschen zu besetzen. Das unterscheidet unser Projekt von vielen anderen

CCB Magazin:Wie ist die Resonanz vom Publikum?

Noa Winter:Das Interesse an künstlerischen Arbeiten von behinderten Menschen wächst. Vor allem ziehen sie auch ein neues Publikum an, das vorher nicht gekommen ist. Wenn in den Sophiensaelen eine Taube Künstlerin auf der Bühne steht, dann ist natürlich auch viel Taubes Publikum da, das sonst nicht an diesen Ort gekommen wäre. Über Projekte von behinderten Künstler*innen wird endlich auch ein ernsthafter Diskurs geführt.

CCB Magazin:Das Projekt endet 2024. Wird es danach eine Art Bilanz oder Abschlussbericht geben, der den Erfolg des Projekts bewertet?

Noa Winter:Wir wollen den Prozess der Transformation in den Institutionen auf unserer Website dokumentieren, daran arbeiten wir ab Herbst. Und da wird es mit Sicherheit auch eine Art von Resümee oder Ausblick geben, was die nächsten Schritte sein werden. Zum Ende des Projektes werden wir auch eine Handreichung mit Praxistipps herausgeben – diese richtet sich an alle Institutionen, die sich entscheiden, inklusiver und barriereärmer zu werden.

 


 

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