Nachhaltigkeit
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Die Kreativagentur The Goodwins wollen nur für die „guten“ Unternehmen arbeiten – ökologisch, sozial, progressiv. Aber wer sind die "Guten" und nach welchen Kriterien wählt man sie aus? Ist die Realität nicht viel zu komplex, um nur für eine Seite zu werben? Darüber sprachen wir mit zwei der Gründer, Tim Stübane und Franka Mai.
CCB Magazin: Hallo Tim und Franka. Ihr seid zwei von drei Gründungsmitgliedern von The Goodwins, einer Kreativagentur, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat. Was heißt das im Konkreten?
Franka Mai: Wir haben beide lange in der Werbung gearbeitet in unterschiedlichen Funktionen, Tim im Kreativ-, ich im Strategiebereich. Wir waren bei großen Agenturen angestellt und haben mittels Kommunikation geholfen, Unternehmen wie Coca-Cola, Nestlé, Axel Springer, Burger King oder Volkswagen bekannter und erfolgreicher zu machen – irgendwann haben wir uns gefragt, für wen machst du das eigentlich, wen machst du da erfolgreich. Wir kamen an den Punkt, an dem wir feststellen mussten, dass wir unsere Arbeit lieber in den Dienst von Unternehmen stellen wollen, die die Welt in die richtige Richtung schubsen. So kam es zu unserem Gründungsgedanken. Wir wollen Unternehmen, Organisationen und Produkte zum Erfolg verhelfen, die sich ökologisch oder sozial nachhaltig ausrichten.
Tim Stübane: In den sechs Jahren unseres Entstehens hat sich unser Portfolio stets erweitert. Es geht nicht nur um Nachhaltigkeit, wir unterstützen mit unserer Arbeit auch Sozialprojekte oder Projekte im Bereich von Bildung und Kultur.
CCB Magazin:Wer entscheidet bei euch, wer die Guten sind? Die Welt lässt sich doch nicht einfach in ein Schwarz und Weiß einteilen: Kunststoffe, Rohöl, Stahl, Zement – das sind alles Produkte und Materialien, die enorme CO2-Emissionen verursachen. Aber ohne sie könnte unsere Zivilisation, wie sie heute existiert, keinen einzigen Tag funktionieren.
Tim Stübane:Das Ganze ist ja eine Reise. Einige Unternehmen sind schon auf dem Weg, nachhaltiger zu werden, andere ziehen sich erst noch die Schuhe an. In jedem Fall gibt es zu vielen Prozessen und Produkten schon eine Menge Alternativen, grüner Stahl zum Beispiel. Lange Zeit sind wir einfach zu faul gewesen, Alternativen zu suchen, es gab keinen Druck. Und deswegen sind die Märkte da, wo sie aktuell stehen. Es wurde nicht genug geforscht und nicht genug gefördert. Jeder muss nun selbst entscheiden, für wen er arbeiten will. Und wir entscheiden eben, was wir für gut erachten. Es gibt bei uns keine Behörde, die das für uns macht. Bei uns ist es einfach so gewesen, dass der Gap zwischen dem, was wir für richtig hielten, und dem, was wir tagtäglich gemacht haben, immer größer geworden ist.
CCB Magazin:Aber welche Kriterien legt ihr an? Wie identifiziert und bestimmt ihr, was ein nachhaltiges Unternehmen ist?
Tim Stübane: Viele Unternehmen wissen über ihren Status Quo schon Bescheid. Diejenigen, für die wir unseren Hut in den Ring werfen wollen, versuchen wir durch Kommunikationskampagnen erfolgreicher zu machen. Denn darum geht’s ja: Produkte, Dienstleistungen oder Marken erfolgreicher zu machen als die Konkurrenz, die vermeintlich schlechter ist in Sachen Nachhaltigkeit
Tim Stübane:Wir schauen auf unterschiedliche Dimensionen des Projekts und bestimmen jeweils den positiven bzw. negativen Impact, den wir in den einzelnen Dimensionen haben würden. Konkret: Welchen Impact hat die Branche, das Unternehmen, das Projekt? Wichtige Frage: Will das Unternehmen ernsthaft nachhaltig sein oder soll es nur so wirken? Aus der Summe der Erkenntnisse ergibt sich ein Fazit, das uns relativ klar sagt, ob ein Engagement sinnvoll ist oder nicht.
CCB Magazin:Worin besteht euer Leistungsangebot? Was macht ihr für die Unternehmen?
Franka Mai:Grundsätzlich unterteilt sich unser Angebot in zwei Bereiche: Nachhaltigkeitsberatung und Kommunikation. Das Thema Nachhaltigkeit wird für Unternehmen immer wichtiger. Wir wollen ihnen helfen zu verstehen, wie ihr Status Quo ist, um sich von dort aus zu verbessern. Das umfasst alles von Nachhaltigkeitsanalysen über Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Strategieentwicklung.
Tim Stübane:Viele Unternehmen wissen über ihren Status Quo schon Bescheid. Diejenigen, für die wir unseren Hut in den Ring werfen wollen, versuchen wir durch Kommunikationskampagnen erfolgreicher zu machen. Denn darum geht’s ja: Produkte, Dienstleistungen oder Marken erfolgreicher zu machen als die Konkurrenz, die vermeintlich schlechter ist in Sachen Nachhaltigkeit. Wir versuchen gezielt, nachhaltige Unternehmen zu identifizieren, und was wir am besten können, das ist Marketing.
CCB Magazin:Könnt ihr mal ein Beispiel für eure Arbeit geben? Zum Beispiel für die Online-Verkaufsplattform Kleinanzeigen. Was habt ihr für die gemacht?
Franka Mai:Das ganze Paket: TV-Spots, Online-Filme, Werbebanner, Social-Media-Werbung. Wir wollen damit die Dilemma-Generation, wie wir sie nennen, ansprechen: Meist junge Menschen, die wissen, dass jede Konsumentscheidung, die sie treffen, Auswirkungen auf die Umwelt hat. Sie wollen ihren CO2-Fußabdruck verringern und gleichzeitig wollen sie neuen Modetrends folgen oder eine neue Kamera haben, neue Dinge besitzen. Kleinanzeigen bringt das zusammen.
CCB Magazin:Auf euerer Website werbt ihr damit, dass durch Kleinanzeigen jährlich so viel CO2 eingespart wird wie eine Person auf 19,2 Millionen Inlandsflügen verbraucht. Wie wurde das berechnet? Wie könnt ihr so etwas faktisch überprüfen?
Tim Stübane:Man kann das durchaus berechnen, aber das sind natürlich Durchschnittswerte. Durch den Kauf eines Second-Hand-Produkts tut man der Umwelt etwas Gutes, indem man nichts Neues kauft. Dinge werden länger am Leben erhalten und müssen nicht neu produziert werden. Nicht neu verpackt, nicht neu verschickt werden.
Franka Mai: Bei CSRD geht es darum, den Status Quo festzustellen und Risiken abzubilden. Wir arbeiten hier mit Partnerunternehmen zusammen, weil die CSRD-Berichterstattung legal belastbar sein muss. Mittel- und langfristig geht es um Optimierung und Veränderungen im Unternehmen, seinen Geschäftsprozessen und Angeboten
CCB Magazin:Aber besteht hier nicht die Gefahr, dass ihr eine Art des Greenwashings betreibt? Wie könnt ihr garantieren, dass sich Unternehmen durch eure Arbeit nicht als Saubermänner präsentieren?
Tim Stübane:Wir müssen uns ja selbst schützen. Sollten wir in irgendeiner Weise Greenwashing unterstützen, fällt das auf uns zurück, weil wir die Kampagne gemacht haben. Das darf also nicht passieren. Meistens kommen Unternehmen auf uns zu, bei denen es sowieso unstrittig ist, was sie machen. Mittlerweile haben wir ein gewisses Standing im Markt, die Leute wissen, wofür wir stehen. Darum ist das selten ein Problem.
CCB Magazin:Ihr habt für u.a. für Oxfam, Lichtblick, WWF und die Telekom gearbeitet. Wenn jetzt aber Coca-Cola oder Nestlé daherkäme und sagen würde, wir wollen nachhaltiger werden, würde es dann nicht Sinn machen für solch ein Unternehmen zu arbeiten, da sie auch einen viel größeren Impact haben? Oder würde man damit denjenigen Aufmerksamkeit geben, die keine verdient hätten?
Tim Stübane:Zum einen gilt: Je größer das Unternehmen, umso kleiner die Einflussmöglichkeiten von unserer Seite. Auf der anderen Seite, wenn es einem gelingt, bei einem großen Unternehmen einen Hebel zu bewegen, dann kann man mitunter sehr viel bewirken. In der Theorie ist die Frage total richtig. Die Frage ist nur, wollen die das wirklich? Und wie schnell können sie den Hebel rumreißen?
CCB Magazin:Ein Teil eures Services beinhaltet eine Überprüfung der CSRD-Nachhaltigkeitsberichtspflicht von Unternehmen, die seit diesem Jahr gilt. Es geht dabei u.a. um die Überprüfung der Wertschöpfungsketten, Roadmaperstellung und die Reportgestaltung. Heißt das, dass ihr beispielsweise auch eine neue Ausrichtung der Wertschöpfungskette empfehlt?
Franka Mai:Mit der CSRD gibt es eine klare Vorgabe, wer ab diesem Jahr und besonders in 2026 über 2025 berichten muss. Die klassischen Berichte sind so aufgebaut, dass man seine Geschäftstätigkeit innerhalb klarer Vorgaben transparent machen muss. Dazu gehören selbstverständlich auch die Prozesse entlang der Wertschöpfungskette. Es geht darum, den Status Quo festzustellen und Risiken abzubilden. Wir arbeiten hier mit Partnerunternehmen zusammen, weil die Berichterstattung letztlich legal belastbar sein muss. Mittel- und langfristig geht es um Optimierung und Veränderungen im Unternehmen, seinen Geschäftsprozessen und Angeboten. Verantwortungsvolles Wirtschaften zeigt sich von eingesetzten Rohstoffen bis zur Verwertung am Ende des Lebenszyklus eines Produkts.
Tim Stübane: Je größer das Unternehmen, umso kleiner die Einflussmöglichkeiten von unserer Seite. Auf der anderen Seite, wenn es einem gelingt, bei einem großen Unternehmen einen Hebel zu bewegen, dann kann man mitunter sehr viel bewirken
CCB Magazin:Mit welchen Partnern arbeitet ihr da zusammen und was leistet ihr im Kontext der CSRD-Nachhaltigkeitsberichtspflicht für die Unternehmen, für die ihr arbeitet?
Tim Stübane:Wir arbeiten mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Je nach Kunde und Anforderungen sind es große Häuser, die den Schwerpunkt in der finanziellen/nicht-finanziellen Berichterstattung haben, kleinere auf NH-Berichte spezialisierte Partner oder auch einzelne auf CSRD spezialisierte freie Expert:innen. Nebenbei: Einige Kunden orientieren sich auch an CSRD, ohne tatsächlich berichtspflichtig zu sein. Wir sehen die Kommunikation und die Maßnahmen nicht isoliert, sondern stellen sicher, dass daraus eine ganzheitliche Kommunikation der Nachhaltigkeit wird. Und die gestalten wir natürlich auch. Die Fragen der Nachhaltigkeit sind so umfassend und komplex, dass wir fast immer im Verbund mit Spezialist:innen agieren.
CCB Magazin:The Goodwins ist auch in anderen Organisationen aktiv und tauscht sich mit ihnen aus, beispielsweise mit der IHK. Worin besteht dieser Austausch?
Franka Mai:Ganz unterschiedlich. Die IHK zum Beispiel unterstützt viele Unternehmen dabei, sich nachhaltiger aufzustellen. Wir sind da hin und wieder als Gäste oder Beitragende bei Informationsveranstaltungen geladen. Dann gibt es Brancheninitiativen, bei denen wir uns als Impulsgeber einbringen, oder auch den Gesamtverband deutscher Werbeagenturen, wo wir unseren Input dazugeben.
CCB Magazin:Das Europäische Parlament hat kürzlich die Nutzung der Begriffe „klimaneutral“ und „klimapositiv“ in der Werbung verboten, zumindest wenn die Aussage direkt auf dem Produkt steht. Wie wird das die Werbeindustrie und eure Arbeit verändern?
Tim Stübane:Werbung wird dadurch letztlich ehrlicher. Das ist ja erstmal zu begrüßen. Unsere Arbeit als Entwickler der Werbung wird dadurch aber auch ungleich schwieriger und risikoreicher. Die Herausforderung für uns besteht darin, Formulierungen zu entwickeln und Informationen so zu organisieren, dass sie juristisch unanfechtbar sind. Gleichzeitig muss beides aber maximal durchsetzungsfähig und differenzierend sein im Kampf um die knappe Aufmerksamkeit der Menschen. Das leisten wir beides, denn das eine ist ohne das andere wenig wert.
Rubrik: Innovation & Vision
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