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Der Blaue Engel ist eines der ältesten und renommiertesten Siegel in Deutschland. Seit diesem Jahr gibt es ihn auch für die Veranstaltungsbranche. Wir haben mit Nora Dorn, die beim Zertifizierungsprozess mitgewirkt hat, über Ausrichtung und Anforderungen für Veranstalter*innen gesprochen.
CCB Magazin: Frau Dorn, seit Januar 2025 können Veranstaltungsorganisationen aller Art wie Konzerte, Messen oder Theaterfestivals den Blauen Engel als Nachhaltigkeitszertifikat beantragen. Wer wird dort zertifiziert und nach welchen Kriterien?
Nora Dorn: Bewerben können sich alle Veranstaltungsorte in Deutschland, unabhängig davon, ob es sich um Konzerte, Festivals oder Events im Innen- oder Outdoor-Bereich handelt – die Vergabekriterien dazu wurden vom Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit Expert*innen aus der Veranstaltungsbranche wissenschaftlich erarbeitet. Festgelegt wurden sie von der unabhängigen „Jury Umweltzeichen“. Die ursprüngliche Idee, Veranstaltungen mit dem Blauen Engel zu zertifizieren, stammt vom Europäischen Verband für Veranstaltungen (EVVC), die an uns herangetreten sind.
CCB Magazin: Zur Förderung nachhaltiger Veränderungen in der Veranstaltungsbranche gibt es bereits Zertifizierungen wie die ISO-Norm 20121 für nachhaltiges Eventmanagement. Wo ist der Unterschied?
Nora Dorn: Der Hauptunterschied ist, dass die ISO-Norm 20121 ein internationaler Standard ist, der sich als systemischer Ansatz versteht: Während sich der Blaue Engel auf einzelne Veranstaltungen in Deutschland beschränkt und sich vorrangig auf konkrete Umweltaspekte konzentriert, ist die ISO-Norm 20121 ein ganzheitlicher und systemischer Ansatz, der die gesamte Organisation, und eben nicht nur einzelne Bereiche, in den Blick nimmt. Die ISO-Norm 20121 macht auch keine klaren Vorgaben, wie viel Prozent beispielsweise an Müll oder CO2-Emissionen eingespart werden müssen. Es geht um ein Konzept, das die Gesamtorganisation erfasst und schrittweise nachhaltiger werden lässt. Wir dagegen machen in bestimmten Bereichen klare Vorgaben, die es dann einzuhalten gilt – wir orientieren uns dazu am Österreichischen Umweltzeichen und haben die Kriterien in sogenannte „KANN“- und „MUSS“-Kriterien eingeteilt.
Der Blaue Engel existiert seit 1978. Im Gegensatz zur ISO Norm 20121, die keine Vorgaben dazu macht, wie viel Prozent an Müll oder CO2-Emissionen eingespart werden müssen, verlangen wir klare Einsparungen
CCB Magazin: Was gehört zu den „KANN“- und was zu den „MUSS“-Kriterien? Wie viele davon muss ein Event erfüllen, um am Ende die Zertifizierung zu erhalten?
Nora Dorn: Die MUSS-Kriterien sind verpflichtende Umweltstandards, die stark den Mobilitätssektor betreffen, da dieser die höchsten CO2-Emissionen verursacht – bis zu 80 Prozent der CO2-Emissionen auf Veranstaltungen sind darauf zurückzuführen. Der Veranstaltungsort muss darum ohne Auto erreichbar sein. Das Fliegen muss vermieden werden. Auch muss bei der Neuerrichtung von Gebäuden ein Nachnutzungskonzept vorliegen. Auf dem Gelände selbst müssen zudem nachhaltige Wasserversorgungen, umweltfreundliche mobile Toilettenanlagen, korrekte Abfalltrennungen und der Einsatz ökologischer Reinigungsmittel zum Einsatz kommen – und beim Catering sollen biologische und saisonale Lebensmittel und überwiegend vegetarische oder vegane Speisen angeboten werden. Zu den KANN-Kriterien zählen dagegen Maßnahmen wie die Einsparung von Trinkwasser, der Einsatz von nachhaltigen Bühnenstoffen, die Kompensation von Treibhausgasen oder die Weitergabe von Cateringresten. Im Gegensatz zu den MUSS-Kriterien gibt es bei den KANN-Kriterien ein Punktesystem – für die Zertifizierung muss am Ende eine Mindestpunktzahl von 45 Punkten erreicht werden, was 30 Prozent aller KANN-Kriterien entspricht.
CCB Magazin: Wer überprüft die Zertifizierung zum Schluss? Wie teuer ist ein solches Siegel? Und wer kontrolliert die Prozesse im Nachgang?
Nora Dorn: Zum einen ist immer ein zuständiger Umweltbeauftragter vor Ort sein, der die Umsetzungen bereits direkt auf dem Festival kontrolliert. Zum anderen arbeiten wir mit der Zertifizierungsstelle „RAL gGmbH“ zusammen, die für die Vergabe des Siegels zuständig ist. Die Veranstalter selbst können sich aber auch schon zuvor eine Einschätzung abholen. Dazu bieten wir eine Antragssoftware an, über die alle Kriterien und Nachweise kontrolliert werden können, um zu wissen, wie weit man noch von der Zertifizierung entfernt ist. Und zum Preis: Die RAL erhebt über einen Zeichennutzungsvertrag eine Gebühr von 600 Euro. Danach wird eine prozentuale Umsatzbeteiligung auf den Umsatz der zertifizierten Veranstaltung fällig. Der Blaue Engel ist also nicht teuer: Ein Event mit einem Jahresumsatz von bis zu 250.000 Euro kostet schlappe 350 Euro. Bei einem Umsatz von mehr als 40 Millionen, das wäre die höchste Stufe, würden Gebühren von 13.500 Euro anfallen.
Der Blaue Engel ist in erster Linie ein ökologisches Umweltzeichen. Berücksichtigt werden im neuen Zertifizierungsprogramm aber durchaus auch soziale Aspekte, so etwa Awareness-Konzepte gegen sexualisierte Gewalt, Gender Mainstreaming und Diversity
CCB Magazin: Der Blaue Engel ist eines der ältesten renommierten Siegel in Deutschland. Er wird seit 1978 vom Bund vergeben. Anfänglich wurden vor allem Produkte ausgezeichnet, so beispielsweise Recyclingpapier, Reinigungsmittel, Farben oder ähnliches. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Dienstleistungen, die vom den Blauen Engel zertifiziert werden – so können sich mittlerweile auch Caterer mit dem Blauen auszeichnen lassen. Auffällig ist, dass bei allem vor allem die ökologische Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. Werden auch soziale Aspekte in Ihrem neuen Zertifizierungsprogramm berücksichtigt?
Nora Dorn: Durchaus! Zunächst ist es richtig, dass der Blaue Engel vor allem ein ökologisches Umweltzeichen ist. Wir berücksichtigen in unserem neuen Zertifizierungsprogramm aber durchaus soziale Aspekte, so etwa Awareness-Konzepte gegen sexualisierte Gewalt, Gender Mainstreaming und Diversity, auch eine barrierearme Homepage fällt unter die sogenannten „KANN“-Kriterien. Auch achten wir auf den gesetzlichen Mindestlohn. Klar ist aber auch: Wir gehen jetzt erst einmal in die erste Laufzeit, erst dann ziehen wir eine Bilanz. Wenn die Erfahrung zeigt, dass bestimmte soziale Themen wie Barrierefreiheit oder Awareness noch stärker gewichtet werden müssen, werden wir nachbessern.
CCB Magazin: Noch mal zurück zum Verfahren: Wie lange dauert es von der Antragstellung bis zur Verleihung des Blauen-Engel-Siegels für eine Veranstaltung? Und wie lange ist die Zertifizierung gültig?
Nora Dorn: Die Dauer hängt davon ab, wie gut die Kriterien erfüllt und dokumentiert sind. In der Regel nimmt das einige Wochen bis wenige Monate in Anspruch. Der Vertrag behält für die Dauer der Laufzeit von vier Jahren seine Gültigkeit. Die gleiche Veranstaltung kann also problemlos mehrfach durchgeführt werden. Bei Änderungen muss dann ein Änderungs- oder Erweiterungsantrag gestellt werden. Das kostet nochmals 300 Euro.
CCB Magazin: Frau Dorn, die ganze Welt und nicht zuletzt die Veranstaltungsbranche bemüht sich darum, nachhaltiger zu werden. Welche weiteren Schritte in Richtung Nachhaltigkeit plant der Blaue Engel in Zukunft?
Nora Dorn:Wir investieren derzeit unsere gesamte Energie in dieses Projekt. Wir sammeln wichtige Erfahrungen und evaluieren, wie bei allen Produkten des Blauen Engels, während der Laufzeit das Projekt. Auf dieser Grundlage können wir dann die nächsten Schritte gehen, um Veranstaltungen in Deutschland noch umweltfreundlicher zu machen.
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