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Josefine Cox: „Auch eine Fünf-Euro-Spende kann Berge versetzen“

Josefine Cox: „Auch eine Fünf-Euro-Spende kann Berge versetzen“
Photo: © privat
Im Gespräch mit Creative City Berlin, Josefine Cox von Musik Bewegt.

Für die gute Sache, frei von Veröffentlichungsterminen, Promo-Gigs und Tourdaten: Das will die Plattform ‚Musik Bewegt‘ sein. Fans spenden auf der Seite für soziale Projekte, die von Musikern unterstützt werden – ohne dass Musiker daran verdienen. Wir sprachen mit Josefine Cox, geschäftsführende Gesellschafterin von Musik Bewegt, über Vision und Konzept.


Interview Jens Thomas

 

CCB Magazin: Hallo Josefine, ihr habt im April 2015 die Musik Bewegt Stiftung ins Leben gerufen. Im Dezember 2015 seid ihr mit musik-bewegt.de online gegangen. Was ist euer Ziel und wie funktioniert die Plattform?

Josefine Cox: Unser Ziel ist es, Künstler aus verschiedenen Genres auf der Plattform zu sammeln, die dort als Pate für soziales Engagement gemeinsam für eine Vielzahl von unterschiedlichen Hilfsprojekten fungieren – losgelöst von VÖ-Terminen, Promo-Gigs und Tourdaten. Denn wir sind davon überzeugt, dass in der emotionalen Kraft von Musik und der Verbindung zwischen Künstlern und ihren Unterstützern ein ganz besonderes Potenzial steckt – und dieses Potenzial wollen wir in konkretes soziales Engagement umwandeln. Dabei geht es uns nicht um Wenige, die viel bewegen, sondern um viele kleine Beiträge, aus denen eine große Hilfe entstehen kann. Auch eine Fünf-Euro-Spende kann Berge versetzen. Für die entsprechende Reichweite und mediale Aufmerksamkeit sorgen die Künstler selbst. Weder die Künstler noch die Organisationen auf unserer Plattform erhalten für ihr soziales Engagement auf Musik Bewegt irgendeine Art von Provision.

CCB Magazin: Wer entscheidet darüber, welche Künstler welche Projekte auf Musik Bewegt unterstützen können?

Josefine Cox:Wir wählen die Künstler natürlich aus beziehungsweise fragen sie an, die Künstler entscheiden aber selbst, welche Projekte sie auf Musik Bewegt vorstellen und unterstützen wollen. Wichtig ist uns dabei, dass wir die Künstler bei ihrem sozialen Engagement nicht vor irgendeinen „Karren“ spannen. Vielmehr fragen wir nach ihren persönlichen Anliegen und versuchen auch gemeinsam Hilfsprojekte zu finden, die ihnen am Herzen liegen. Wenn ein Künstler noch auf der Suche nach einem passenden Projekt ist, können wir beraten und passende Vorschläge unterbreiten. 

Wichtig ist uns, dass wir Künstler bei ihrem sozialen Engagement nicht vor irgendeinen „Karren“ spannen

CCB Magazin: Was wird denn so auf eurer Plattform unterstützt?

Josefine Cox:Die Projekte auf ‚Musik Bewegt‘ reichen von Hilfen für traumatisierte Flüchtlinge unterstützt durch Die Ärzte über Musikprojekte für Kinder gemeinsam mit REVOLVERHELD bis hin zu Bildungspaketen für Flüchtlingskinder unterstützt durch Silly. Die Bedarfe sind bei jedem Projekt unterschiedlich: Das können mal Decken für geflüchtete Familien sein, die benötigt werden, aber auch Therapiekosten für kranke Kinder oder Kastrationskosten für freilebende Hunde und Katzen.

CCB Magazin: Euer Aufgebot an Musikern liest sich wie ein who is who der deutschen Musikbranche – Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg, Clueso und so weiter. Welche Künstler wollt ihr konkret ansprechen und welche fühlen sich angesprochen? 

Josefine Cox:Wir wollen eine Bandbreite an Musikern und Genres abbilden – zu den auf Musik Bewegt involvierten Künstlern gehören sowohl Vertreter aus dem popmusikalischen Bereich als auch welche aus der Welt der Klassik und des Jazz. Uns ist wichtig, dass wir die drei Instanzen zusammenbringen: Künstler, soziale Projekte und Unterstützer. Das gemeinsame, das verbindende Moment bleibt die Musik, egal um welches Genre es sich handelt. Bisher haben wir Künstler aus den unterschiedlichen Genres direkt angefragt. Da wir noch am Anfang stehen, werden wir aber auch noch weitere Künstler aus den verschiedenen Musikbereichen anfragen. In den meisten Fällen engagieren sich die Künstler bereits sozial. Es gibt aber auch Künstler, die noch nicht aktiv sind, sich aber gerne engagieren wollen. Dann beraten wir bei der Wahl eines geeigneten Projekts.

CCB Magazin: Ihr führt auf eurer Seite eine Menge an Organisationen auf. Welche Rolle spielen die?

Josefine Cox:Die Organisationen stehen auf der Plattform mit ihren Projekten im Vordergrund und informieren so transparent wie möglich über die Projektbedarfe und ihre Projektarbeit. Zu den auf Musik Bewegt vorgestellten Projekten und Organisationen zählen sowohl viele kleine weniger bekannte Gruppen und Initiativen wie Stadtbienen e.V., Laut gegen Nazis oder die Projekte Musiktherapie im Kinderhospiz und Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge, als auch große etablierte Namen wie Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International, Oxfam, das Deutsche Kinderhilfswerk, das Barenboim-Said Music Center in Ramallah und viele andere. Keiner der Künstler spielt sich dabei in den Vordergrund. Vielmehr erklärt er in einem Statement sein persönliches Engagement für das jeweilige Projekt. 

CCB Magazin: Wie finanziert Ihr euch und wie funktioniert die Abwicklung?

Josefine Cox:Unsere Organisation firmiert als gemeinnützige GmbH und finanziert sich durch Partner und Förderer. Bei der Transaktionsabwicklung der Spenden setzen wir auf die bestehende technische Infrastruktur der Spendenplattform betterplace.org. Der Spender erhält für jede Spende, die er über Musik Bewegt tätigt, eine Spendenbescheinigung, die steuerlich geltend gemacht werden kann. Das Besondere an Musik Bewegt ist ja die Transparenz. Es ist jederzeit nachvollziehbar, was mit der Spende passiert und es ist immer garantiert, dass jede Spende zu 100 Prozent an die jeweilige Hilfsorganisation fließt.

CCB Magazin: Wie stellt ihr aber sicher, dass die Projekte im Anschluss auch umgesetzt werden? 

Josefine Cox:Wir möchten natürlich wissen, ob unsere Unterstützung auch Früchte trägt, ob sie ausreicht, ob sie möglicherweise sogar Nachahmer findet. Darum ist auf Musik Bewegt jedes registrierte Projekt dazu verpflichtet, seinen Bedarf konkret darzustellen und regelmäßig über den Fortschritt und die Ereignisse vor Ort zu berichten. Alle Organisationen, die auf unserer Plattform vertreten sind, müssen zudem in Deutschland gemeinnützig anerkannt sein und sind ebenso gesetzlich verpflichtet, das Geld für diese Bedarfe zu verwenden. Darüber hinaus stehen wir in engem Kontakt mit den Verantwortlichen, die uns über Neuigkeiten zu den Projekten informieren und von denen wir regelmäßig Updates erhalten. Nicht zuletzt stehen auch die Künstler mit ihrem Namen für die Glaubwürdigkeit der Organisation ein.

CCB Magazin: Was wisst ihr über die Spender?

Josefine Cox:Die Gruppe der Spender auf Musik Bewegt ist genauso bunt und vielfältig wie die Projekte und Künstler, die auf unserer Plattform sind – und genau das ist für uns so spannend! Die Künstler auf Musik Bewegt sprechen die unterschiedlichsten Gruppen an und haben ganz verschiedene Fans, Follower und Freunde. Genau das spiegelt sich auch bei den Spendern wieder. Da wir bisher nur in Deutschland aktiv sind, kommen die meisten Spender auch aus Deutschland. Der größte Teil der Spender ist zwischen 25 und 54 Jahren alt, aber es gibt auch einige jüngere und ältere Spender. Die Spendensummen reichen von 50 Cent bis zu 5.000 Euro – jeder gibt so viel, wie ihm gerade möglich ist. Manche Spender lassen sich auch tolle Aktionen rund um ihre Spende einfallen! So spendet etwa ein Tattoo-Studio regelmäßig die gesamten Einnahmen von einem Tag an verschiedene Projekte. Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Bereitschaft, online zu spenden, bei vielen Menschen über 60 abnimmt. Viele von ihnen möchten ihre Daten einfach nicht online eingeben. Darum achten wir sehr darauf, dass alle Daten vertraulich behandelt werden und zu 100 Prozent sicher sind.  

Unser Ziel ist es‚ dass musik-bewegt.de Modelcharakter hat und sich auf andere Bereiche der Kunst & Kultur übertragen lässt

CCB Magazin: Kommen Musiker, Spender und die unterstützten Projekte auch über die Kampagnen hinaus in irgendeiner Art und Weise zusammen?

Josefine Cox:Das entscheiden die Projekte selbst und hängt von verschiedenen Faktoren ab – ob zum Beispiel ein Projekt vor Ort ist oder im Ausland umgesetzt wird. Es gibt auch bereits gute Beispiele, wo das funktioniert, beispielsweise beim „Sonderkonzert für Flüchtlinge und Helfende“, das unter anderem von den Berliner Philharmonikern und Daniel Barenboim organisiert wurde oder der „Counter Speech Tournee 2016“ von Laut gegen Nazis, die mitunter von den Fantastischen Vier unterstützt wird. Unser Ziel ist es, die drei Instanzen, Künstler, soziale Projekte und Unterstützer auf unserer Online-Plattform zusammenzubringen, weil gerade in Zeiten von WhatsApp, Facebook, YouTube, Twitter oder Snapchat das eine passende Form ist, um sich gemeinsam zu engagieren, über soziales Engagement zu berichten und Spenden zu generieren. Auf Musik Bewegt haben die Künstler auch die Möglichkeit, sich bei den Unterstützern für die Spende für das gemeinsam unterstützte Projekt zu bedanken.

CCB Magazin: Wie geht’s mit euch weiter? Wo wollt ihr mit dem Portal langfristig hin?

Josefine Cox:Unser Ziel ist es‚ dass musik-bewegt.de Modelcharakter hat und sich auch auf andere Bereiche der Kunst & Kultur übertragen lässt. Schön wäre es, wenn die Plattform als zentrale Anlaufstelle für gemeinsames soziales Engagement immer bekannter wird und die Vielzahl von Hilfsprojekten noch mehr Unterstützung erfahren. Wichtig ist doch, dass die Menschen sich überhaupt mit dem Thema „Mitmenschlichkeit“ beschäftigen. Selbst wenn für einige eine Ein-Euro-Spende viel Geld bedeutet, können sie immer noch darüber sprechen und ihr Umfeld motivieren.

CCB Magazin: Josefine, danke für das Gespräch, viel Erfolg!


Profil von Musik Bewegt auf Creative City Berlin

Category: Innovation & Vision

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