Finanzierung
Bianca Creutz: „Die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft muss anerkannt werden“
Wie haben sich die Einkommen in den kreativen Berufen entwickelt? Wie …
Der Musikmarkt steht schon länger vor gigantischen Umwälzungen. Brauchen MusikerInnen heute noch ein Major-Label? Das war das Thema auf dem diesjährigen WISE-Festival. Das niederländische Unternehmen FUGA, mit Niederlassung in Berlin, diskutierte auf einem Panel über die Zukunft der Majors und den vielen Kleinen im Zuge der großen Transformation – FUGA bietet MusikerInnen einen kompletten B2B- Distributionsservice an und ersetzt einen Großteil der Labelarbeit. Ist das die Zukunft? Wir sprachen darüber mit FUGA-General-Managerin für die Beneluxstaaten, Anneke Stulp.
CCB Magazin: Hallo Anneke, bitte erzähle doch mal kurz, wer du bist und wie du zu FUGA kamst?
Anneke Stulp: Ich bin Anneke Stulp und arbeite schon seit fast zehn Jahren in der Musikindustrie. Mein erster Job in dem Business war in der Marketingabteilung bei Sony Music, da habe ich fünf Jahre lang gearbeitet. Irgendwann habe ich dann Sony verlassen und angefangen, MusikerInnen selbst zu managen, darunter war auch eine Band, die nach zehn Jahren Pause ein Revival geplant hatte. Wir entschieden damals, alles ohne Major-Label zu machen, und dann hörte ich von FUGA. FUGA machte es uns möglich, alle eventuellen Wissenslücken auszugleichen, oder Vertriebsmöglichkeiten, auf die wir allein keinen Zugriff hatten, trotzdem zu nutzen. Im Anschluss an das Bandprojekt blieb ich dort. Heute bin ich als General Managerin hauptsächlich für alle Labels und Vertriebe in Belgien und Luxemburg verantwortlich.
CCB Magazin:Was ist FUGA genau? Worin besteht das Geschäftsmodell?
Anneke Stulp:Wir sind ein weltweites B2B-Vertriebsunternehmen für digitale und physische Produkte. Unser Kerngeschäft liegt in der Musikdistribution, das heißt, wir sorgen dafür, dass die Musik unserer KundInnen auf allen relevanten Streaming-Plattformen wie Spotify, Apple Music etc. gespielt wird. In der Regel kümmern sich darum die Labels. An dieser Stelle übernehmen wir. Wir übernehmen aber nicht nur die Distribution der MusikerInnen, wir kümmern uns auch um das Marketing, um Lizensierungsfragen und stellen eine ausführliche Datenanalyse von Streams und KonsumentInnen bereit. Zusätzlich dazu stellen wir, auf Nachfrage unserer KundInnen, ein maßgeschneidertes CMS zur Verfügung, in dem alle eben genannten Services abrufbar sind. Die Besonderheit dieses CMS ist die Autonomie, die unseren Kunden damit geben ist. Videos, Audiodateien, Bilder oder anderes Promo-Material kann mit wenigen Klicks an alle relevanten Channels ausgespielt werden.
Wir sind ein weltweites B2B-Vertriebsunternehmen für digitale und physische Produkte. Unser Kerngeschäft liegt in der Musikdistribution. Uns geht es darum, diejenigen zu unterstützen, die kein eigenständiges oder großes Label haben oder haben wollen.
CCB Magazin:Wer sind eure Klienten?
Anneke Stulp:Wir arbeiten mit Indie-Labels zusammen, die unsere Expertise brauchen. In der entgegengesetzten Richtung kooperieren wir aber auch mit den Streaming-Plattformen, indem wir uns vernetzen und über die wir mit unserer Software die Musik unserer KundInnen ausspielen. Um FUGA wachsen zu lassen, sind wir zudem dazu übergegangen, immer mehr Unternehmen in der Musikbranche zu verwalten. Zudem haben wir seit Mai 2022 eine Niederlassung in Berlin und waren als Speaker auf Veranstaltungen wie dem diesjährigen WISE-Festival vertreten. In den Niederlanden sind wir bereits ein sehr etablierten Unternehmen und arbeiten mit den größten Indie-Labels zusammen.
CCB Magazin:An einem großen Label ging lange Zeit kein Weg dran vorbei – angefangen bei den großen Major-Labels der 1950er Jahre wie Decca-, Capital- und Columbia Records. Heutzutage existieren nur noch die großen Drei – Warner, Sony und Universal, die wiederum viele kleine Sublabels beherbergen. Anfang der 2000er entwickelten sich zudem die großen Musik-Download-Portale und großen Streaming-Giganten wie Spotify, Soundcloud und Apple Music, die den Markt heute dominieren. Will FUGA eine Alternative dazu sein?
Anneke Stulp:In gewisser Weise ja. Wir konkurrieren mit den Major-Labels. Allerdings nehmen wir keine Einzelkünstler unter Vertrag, das entspricht nicht unserem Geschäftsmodell. Uns geht es darum, diejenigen zu unterstützen, die kein eigenständiges oder großes Label haben oder haben wollen. Zwischen uns und dem Künstler steht aber immer mindestens eine Person, so zum Beispiel eine ManagerIn. Auch überprüft ein Team von uns die Daten. Zudem gehen wir aktiv gegen Betrug vor und versuchen, die Akteure zur Verantwortung zu ziehen. Wir wollen mit unserem Ansatz auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse eingehen und geben unseren Kunden die Souveränität in allen Businessentscheidungen.
CCB Magazin: Bei einem Vertrag mit einem Label übernimmt klassischer Weise das Label die Distributionsarbeit, nach Vertragsabschluss verdient das Label in der Regel aber 80 Prozent, die KünstlerInnen bekommen 20 Prozent, es sei denn man heißt Udo Lindenberg. Wie setzen sich die FUGA-Gebühren zusammen?
Anneke Stulp:Das hängt davon ab, was beide VertragspartnerInnen als angemessenen Anteil ausgehandelt haben. Wir haben dazu keine Tarifkarte, es gibt also keine Einheitsgröße. Allerdings basiert unser All-In-Service-Paket, bei dem digitale, physische und Marketing-Maßnahmen mit enthalten sind, immer auf der Umsatzbeteiligung. Wenn unser Klient, so zum Beispiel ein Indie-Label, bereits gute Kontakte zu einem Streaming-Dienst hat, dann aber unsere Software in Anspruch nehmen will, haben wir feste Preise für die Plattformfunktionen, bei denen es wiederum viele verschiedene Setup-Möglichkeiten gibt.
CCB Magazin: Ein Problem in der Musikindustrie ist, dass MusikerInnen an den Streaming-Diensten zu wenig verdienen. Zugleich haben die Streaming-Dienste enormen Einfluss auf die Bekanntheit von NewcomerInnen in beliebten Playlists wie “Hot Right Now”. Habt ihr eine Kommunikationsstrategie mit den Streaming-Giganten, um MusikerInnen zur Bekanntheit zu verhelfen? Wie sieht diese aus?
Anneke Stulp:Wir haben wertvolle Partnerschaften mit Streaming-Plattformen auf der ganzen Welt, mit denen wir zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere KundInnen und ihre KünstlerInnen Zugang zu globalem Marketing für den Vertrieb haben. Unsere Marketingteams arbeiten zudem eng mit den Plattformen zusammen, um neue Musik für Playlists bereitzustellen und hervorzuheben. Die Streaming-Dienste sind jedoch nur ein Teil der Branche. Der Fokus sollte zusätzlich auf dem Aufbau von Live-Präsenz, sozialen Netzwerken oder den Beziehungen zu Medienpartnern liegen. All das führt zum Schluss zu einer erfolgreichen Kampagnenstrategie. Um das Beste aus einer Veröffentlichung rauszuholen, sollten man die Kampagnenstrategie im Voraus planen und vermeiden, die Musik zu schnell veröffentlichen zu wollen.
Niemand zwingt dich mit einer Waffe am Kopf zu unterschreiben. Die KünstlerInnen haben es ein stückweit selbst in der Hand.
CCB Magazin: Die Frage des Panels auf dem diesjährigen WISE-Festival lautete: „Brauchen KünstlerInnen noch Labels?“ Es gibt immer mehr MusikerInnen, die auf ein Label verzichten und sich beispielsweise über Crowdfunding finanzieren. Wie sieht das Label der Zukunft oder eine Zukunft ohne Labels aus?
Anneke Stulp:Bei einem Label zu sein oder eigenständig zu arbeiten, hat auf beiden Seiten Vor- und Nachteile. Zunächst unterscheiden sich die Major-Labels in ihren Strukturen gar nicht mehr so sehr von den Indie-Labels. Sicherlich gab und gibt es unfaire Künstlerverträge. Aber niemand zwingt dich mit einer Waffe am Kopf zu unterschreiben. Die KünstlerInnen haben es ein stückweit selbst in der Hand. Man kann sich informieren, bevor man etwas unterschreibt – oder mit einer Anwältin oder einem Anwalt sprechen. Wichtig ist dabei ein Team oder eine ManagerIn, der/die deine Kunst versteht und nach vorne bringt. Das kann mit einem Label klappen, aber auch anderswo.
Schon gelesen?
Abonniere unseren monatlichen Newsletter!
Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen.
Datenschutzerklärung | Impressum
Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen.
Datenschutzerklärung | Impressum