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„Wir wollen vernetzen und vermitteln“

„Wir wollen vernetzen und vermitteln“
Foto: © Bandbüro Berlin

Eine Band im Büro haben die wenigsten, das neugegründete Bandbüro im ORWOhaus hingegen berät täglich Musiker und Bands - in ihrem Büro in Berlin-Marzahn. Das Bandbüro wurde gerade vom Musicboard Berlin gefördert und ist neue Anlaufstelle für Musiker aus der ganzen Stadt. Was brauchen Musiker und Bands in Berlin? Was macht Berlin als Standort aus? Wir sprachen mit Angelina Mormina und Berthold Maß vom Bandbüro.

 

Interview Jens Thomas 

 

CCB Magazin: Hallo Angelina, hallo Berthold, ihr arbeitet im Bandbüro Berlin. Was hat es mit dem Bandbüro auf sich?

Berthold: Das Bandbüro ist aus der alltäglichen Arbeit im ORWOhaus entstanden, dem größten Musikerhaus mit Proberäumen und Ansprechpartnern in der Stadt aus Berlin-Marzahn. Unsere Aufgabe sehen wir neben der Beratung in der zielgerichteten Vermittlung von Informationen aus dem Musikbusiness. Jede Band hat spezielle Fragen, Wünsche und Bedürfnisse. Uns geht es vor allem darum, Berliner Nachwuchsbands zu unterstützen und die Vernetzung der Bands mit anderen Beteiligten der Szene aus Berlin und dem Berliner Umland zu fördern. Wir verstehen uns als zentrale Anlaufstelle, die Nachwuchskünstler persönlich, individuell und zielgerichtet in allen Etappen ihrer Entwicklung unterstützt.

CCB Magazin: Mit welchen Fragen kommen Musiker und Bands auf euch zu?

Angelina: Bands wollen in erster Linie gute Auftrittsmöglichkeiten und günstige Proberäume in Berlin finden. Zudem wollen sie wissen, wo und wie sie gut und kostengünstig aufnehmen können, wo sie einen günstigen Tourbus herbekommen, wo sich T-Shirts drucken lassen und wie sie mit der Gema umgehen müssen. Unser Beratungsangebot erstreckt sich im Grunde auf alle Fragestellungen im Leben eines Musikers. Das erste Gespräch ist kostenfrei. Wenn man bei uns Mitglied wird, kosten auch weitere Gespräche nichts. Auf unserer Homepage haben wir zudem sämtliche Fragen und Antworten gebündelt.

CCB Magazin: Auch die Noisy Academy in Berlin-Friedrichshain bietet Beratungen an. Was macht den Unterschied?

Berthold: Zunächst sehen wir uns nicht als Konkurrenten zur Noisy Academy, wir stehen im engen Kontakt und Austausch. Wir wollen vernetzen und vermitteln. Im Gegensatz zu Noisy Academy bieten wir aber kein klassisches Bandcoaching an. Bei uns geht es eher um die Vermittlung von Probe-, Auftritts-, Produktionsmöglichkeiten in Berlin. Auch kann man bei uns Mitglied zu einem Jahresbeitrag von 50 Euro werden. Darüber bekommt man zum Beispiel Sonderkonditionen bei der Anmietung eines Tourbusses oder Tonstudios.

Angelina Mormina (2. v. l.) und Berthold Maß (1.v. r.) bei der Arbeit im Bandbüro. Foto: © Bandbüro

CCB Magazin: Welche Musiker und Bands suchen denn eure Beratung?

Angelina: Zu uns kommen Musiker und Bands sämtlicher Stilrichtungen mit unterschiedlichstem Professionalisierungsgrad. Doch gerade junge Bands haben viele Fragen. Sie müssen sich erst einmal orientieren und in der Musiklandschaft zu Recht finden. Dabei können wir den Bands konkrete Tipps geben. Wir schauen uns auch gerne die öffentliche Darstellung der Bands an, dazu zählen nicht nur die Internetpräsenz und der Auftritt in sozialen Netzwerken, sondern auch das gesamte Promo-Paket.

CCB Magazin: Aber sollte eine Band nicht selber wissen, wie sie ihre Internetpräsenz gestaltet und ihr Profil schärft? Authentizität und ein gutes Image kommen im besten Falle von innen heraus, aus einem bandinternen, organischen Prozess, nicht von außen durch eine Beratung.

Angelina: Das stimme ich zu, wir greifen aber auch nicht in den künstlerischen Schaffensprozess ein; wir empfehlen weder Dresscode noch einen bandspezifischen Sound. Zugleich ist Bandarbeit heute wesentlich mehr als nur Proben, Songs schreiben und Auftritte spielen. Es gehört das gesamte Management dazu: Wie akquiriere ich Adressen und Kontakte? Wie verschicke ich ein Promo-Packet? Was muss ich bei der Vermarktung beachten und wie nutze ich die sozialen Netzwerke? Hier kann professionelle Unterstützung nützlich sein.

CCB Magazin: Ihr seid teils selbst Musiker. Inwiefern ist das hilfreich oder gar notwendig, um andere Musiker und Bands beraten zu können?

Berthold: Das ist in jedem Falle hilfreich, wir geben schließlich unsere Erfahrungen weiter. Zugleich lernen wir permanent von anderen Musikern, die zu uns kommen. Jede Band ist eine Art soziales Gefüge mit unterschiedlichsten Denkrichtungen und Erfahrungswerten. Im Grunde ist das eine Win-Win-Situation für alle. Die Bands profitieren von unseren Erfahrungen, zugleich lernen wir auch unkonventionelle Herangehensweisen an bestimmte Aspekte der Bandarbeit kennen.

Das ORWOhaus wie es steht und lebt: das größte Musikerhaus mit Proberäumen und Ansprechpartnern in der Stadt. Foto © Michael Jahn.

CCB Magazin: Aber lässt sich dieses Allerlei an musikalischen Welten in der Stadt überhaupt überblicken und als Erfahrungswissen weitergeben? Berlin ist ein Flickenteppich an Musikstilen. Ich stelle mir das schwierig vor, für alle Bereiche den Überblick zu haben.

Angelina: Das ist in der Tat eine Mammutaufgabe, denn Berlin ist definitiv die Hauptstadt der Musikstile in Deutschland. Wir blicken aber auf jahrelange Erfahrungen rund um das ORWOhaus zurück. Auch wir lernen dazu, und wir haben mittlerweile die verschiedensten Kontakte. Uns geht es auch nicht um Pauschal-Lösungen oder Allgemein-Rezepte, sondern darum zu wissen, mit welchen Anliegen sich Bands und Musiker an welche Stellen wenden können. Im Anschluss können wir dann vermitteln.

CCB Magazin: Inwiefern hab ihr auch eine kritische Perspektive auf die Situation in Berlin? Bisweilen hat man den Eindruck, dass es in der Stadt mehr Workshops und Beratungsangebote gibt als Jobmöglichkeiten. Wird da nicht ein Bereich künstlich bedient, der analog zum Beratungsangebot nicht wächst?

Berthold: Natürlich ist es schwierig, in Berlin als Musiker von der Musik leben zu können. Aber die Leute suchen Orientierungshilfen, gerade weil alles so unüberschaubar ist. Unsere Arbeit bezieht sich ja auch nicht nur auf ökonomische Aspekte, vielmehr geben wir Hilfestellungen zu sämtlichen Fragen im Schaffensprozess eines Musikers. Gleichwohl spielt das Ökonomische immer eine Rolle, so zum Beispiel bei der Frage, wie kostengünstig und gut produziert werden kann. Hier kann zum Beispiel das Home-Recording durchaus eine gute Alternative sein, um Kosten zu sparen. Im Querschnitt wollen die meisten Bands aber vor allem eines wissen: Wo kann ich spielen? Gerade in Berlin ist es schwierig, an gute Auftrittsmöglichkeiten heranzukommen. Die Konkurrenz ist riesig.

Foto: © Bandbüro.

CCB Magazin: Auffällig ist, wie sehr Musiker und Bands in Berlin seit den letzten Jahren die Öffentlichkeit nutzen, um sich ein Publikum zu erspielen. Die Oberbaumbrücke zwischen Kreuzberg und Friedrichshain ist eine neue Open-Air-Meile bei Wind und Wetter, Bands stehen hier Schlange. Ist das ein Zeichen für mehr demokratische Öffentlichkeit oder Zeugnis eines ökonomischen Drucks, weil die Wartelisten in den Clubs zu lang sind?

Angelina: Ich denke, es ist beides: Jede Band will nach Berlin kommen und hier spielen. Das erhöht natürlich die Konkurrenz. Zugleich ist die spontane Bühne draußen oft ein guter Ort der Inszenierung. Auch Musikmanager entdecken immer wieder neue Acts und Bands auf den Straßen, man denke nur an die Ohrbooten, die am Boxhagener Platz in Friedrichshain groß geworden sind. Aber es ist natürlich auch Zeugnis von gestiegener Konkurrenz. Man nimmt sich die Plätze, die noch frei sind.

CCB Magazin: Ihr habt euren Sitz in Berlin-Marzahn. Wenn über Berlin als new Place-to-be der Musikszene diskutiert wird, denken die wenigsten an den neuen/alten Plattenbaubezirk. Wie reagieren Musiker, wenn sie eure Beratung möchten und nach Marzahn müssen?

Berthold:Unser Standort in Marzahn ist im Grunde genommen kein Problem für unsere Bands. Natürlich ist es von den West-Bezirken eine größere Entfernung. Aber für eine gute Beratung legen die Bands diese Strecke auch zurück. Selbst Bands aus Wilmersdorf und Charlottenburg waren bereits bei uns. Ansonsten ist es aber so, dass wir die allgemein existierenden Klischees in Bezug auf Marzahn überhaupt nicht bestätigen können. Wir haben im ORWOhaus fast ausschließlich positive Erfahrungen gemacht.

Foto: © Bandbüro.

CCB Magazin: Letzte Frage: Das Bandbüro wird vom Musicboard Berlin gefördert. Die Förderung ist bis 31.12.2013 befristet, eine Verlängerung ist ausgeschlossen. Wie geht es danach mit dem Bandbüro weiter?

Berthold: Bei uns geht es auf jeden Fall weiter, so viel steht fest. Wir sind gerade dabei, eine Anschlussfinanzierung zu akquirieren, sodass wir unsere Arbeit am 1.1.2014 nahtlos fortsetzen können. Das wird zwar nicht ganz einfach, aber wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Arbeit gut ist und auch gebraucht wird. Wir werden einen Weg finden.

CCB Magazin: Angelina und Berthold, viel Erfolg. Und Danke für dieses Gespräch.


Weitere Infos zum Bandbüro.


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