Finanzierung
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Crowdfans ist eine neue Crowdfunding-Plattform mit Sitz in Berlin, durch die der Kartenvorverkauf für Lesungen von Autoren über die Crowd möglich wird. Bald sollen auch Büchervorhaben über das Portal finanziert werden. Welche Auswirkungen hat das Crowdfunding auf die Buchbranche und den Autorenmarkt? Welche Wege sind künftig denkbar? Wir sprachen mit Ines Zimzinski, Gründerin von Crowdfans.
CCB Magazin: Hallo Ines, du hast die Plattform Crowdfans ins Leben gerufen, von was bist du eigentlich Fan?
Ines Zimzinski: Ach, ich liebe Literatur und Hörspiele. Derzeit stehe ich sehr auf Sebastian Fitzek und Sven Böttcher, um nur mal wenige zu nennen. Literatur ist eine meiner Leidenschaften.
CCB Magazin: Über Crowdfans kann der Kartenvorverkauf für Lesungen von Autoren über die Crowd möglich werden. Warum ist das nötig?
Ines Zimzinski:Aus einem ganz einfachen Grund: Um das Risiko zu mindern, dass Autoren oder Sprecher vor einem leeren Publikum lesen. Oft ist das finanzielle Risiko für die Verlage einfach zu hoch, in Vorleistung zu gehen, gerade bei unbekannteren Autoren. Hier kommen wir ins Spiel: Wir schaffen eine Verbindung von Eventkultur und dem Literaturbereich, die es so noch nicht gibt. Bei Facebook kann heute ja jeder sagen, „klar, ich komme“, aber wer kommt? Wir schaffen eine Verbindlichkeit und liefern die Vorab-Garantie, indem die Karten über Crowdfans vorfinanziert werden.
Wir schaffen eine Verbindung von Eventkultur und dem Literaturbereich, die es so noch nicht gibt
CCB Magazin: Kannst du kurz erklären, wie die einzelnen Schritte des Crowdfundings bei Crowdfans ablaufen und wie sich die Plattform von anderen, bereits bestehenden Portalen unterscheidet?
Ines Zimzinski:Zunächst spezialisieren wir uns auf den Bereich Literatur, Hörspiel und Event. Das gibt es im Bereich Crowdfunding noch nicht. Der Ablauf ist folgendermaßen: Ein Autor oder ein Verlag kommt auf uns zu, stellt uns ein Buch via Klapptext vor. Dann klären wir mit dem Autor ab, wie viele Karten er oder sie verkaufen müsste, um in eine bestimmte Stadt kommen zu können. Fans können ab zwei Euro unterstützen, eine Karte kosten immer 10 Euro. Will der Autor beispielsweise 400 Euro für Berlin einnehmen, muss er 40 Karten im Vorverkauf über Crowdfans verkaufen. Erst dann kann die Lesung stattfinden. Das sind die Basics. Hinzu kommt, dass der Autor auch Bücher, Hörbücher oder Hörspiele etc. über uns anbieten kann, das sind die Goodies. Und das Gute daran ist: Selbst wenn eine Lesung nicht zustande kommt, weiß der Autor, ok, hier kennt man mich noch nicht genug, hier muss ich aktiv werden. Und auch ein gescheitertes Funding ist ja ein erster Werbeaspekt, so hat man zumindest schon mal auf das Buch aufmerksam gemacht. Wir liefern die Marktanalyse für den Autor. Und unser Ziel ist es, später auch mit Bands und Filmemachern die Konzert-, bzw. Kinosäle zu füllen.
CCB Magazin: Du hast die Höragenten vor drei Jahren gegründet, nun Crowdfans. Wie bist du auf das Crowdfunding aufmerksam geworden?
Ines Zimzinski:Auf das Crowdfunding bin ich im Jahren 2011 über diverse Berichterstattungen gestoßen. Ich dachte mir: Es muss doch irgendwie möglich sein, auch Hörspiele darüber zu finanzieren und ging auf die Suche. Im Bereich des Hörspiels haben wir folgende Situation: Es gibt die Zielgruppe der Eltern, die Hörspiele wie Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen und natürlich die Drei Fragezeichen aus Ihrer Kindheit kennen und kaufen. Das war's dann aber auch schon. Das einzige, was sonst noch wahrgenommen wird ist der experimentelle Hörspiel-Bereich im Radio, das kauft man aber bekanntlich nicht, man hört es sich kostenlos an. Crowdfunding kann hier ein Weg sein, um den Bereich des Hörspiels weiteren Zielgruppen zu öffnen.
Crowdfunding kann ein Weg sein, um den Bereich des Hörspiels weiteren Zielgruppen zu öffnen
CCB Magazin: Wie profitiert der Hörspielbereich von der Entwicklung der Streaming-Dienste? Einer Studie zufolge gaben 43 Prozent der Befragten im letzten Jahr an, Musik-Streaming im Internet zu nutzen, zwei Jahre zuvor waren es erst knapp 28 Prozent.
Ines Zimzinski:Das Hörspiel ist noch immer eine Nische, im Grunde ist es die kleine Stiefschwester des Hörbuchs. Ich denke auch, die wenigsten Hörspiele werden gestreamt. Und wenn, verdienen die Hörverlage und Labels damit auch nicht die wilde Welt. Zugleich ist das Hörbuch mittlerweile aber in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Aktuell entwickeln sich auch so genannte Zwittergeschichten, dass ein eBook inkl. eines Hörbuches veröffentlicht wird. Und weil in den Bereichen noch Luft nach oben ist, bietet Crowdfunding eine Chance, sich Produktionen von den Fans finanzieren zu lassen. Gerade für unbekanntere Autoren ist Crowdfunding eine neue Möglichkeit. Und der Autor wird unabhängiger von den Verlagen, die mittlerweile unter einem enormen Druck stehen, rentable Autoren finden zu müssen.
CCB Magazin: Es gibt aber auch Autoren wie Tanja Dückers, die das Crowdfunding für sich als Mittel der Finanzierung ablehnen. Dückers sagt, dass sie sich auf den Prozess des Schreibens konzentrieren will und nicht noch um Selbstvermarktung und Fanrekrutierung kümmern möchte. Sie spricht von einer zunehmenden Selbstoptimierung für Autoren, heute in Eigenriegie alles selbst steuern und finanzieren zu müssen. Wie siehst du das?
Ines Zimzinski:Autoren mussten sich schon immer um Verkaufswege kümmern und waren auch immer um Selbstwerbung bemüht. In den 1920er Jahren waren Autoren auf jedem Ball, auf jeder Veranstaltung. Es haben sich einfach nur die Möglichkeiten verändert und die Schauplätze verschoben. Guck Dich doch mal auf Facebook um, wie viele Autoren da täglich Skriptideen oder ganze Seiten posten.
CCB Magazin: Viele Autoren sind aber in sich gekehrte Persönlichkeiten und beherrschen die Klaviatur der medialen Selbst-Repräsentation nicht sonderlich. Fallen da womöglich die Autoren aus dem Raster, die sich nur schwer selbstvermarkten können?
Ines Zimzinski:Ach Gott, Autoren müssen einfach mal runterkommen von ihrem Ross „ich lebe verbunkert in meiner eigenen Schreiberling-Welt, die so schön ist, so lange ich mich nicht mit meiner Außenwelt beschäftigen muss“. Nein, auch Autoren müssen sich auf die neuen Verhältnisse einstellen, sie müssen auf ihr Publikum zugehen und vielleicht müssen sie ihr Publikum auch erst finden. Und gerade ihnen kann Crowdfunding ganz fantastisch helfen.
CCB Magazin: Inwiefern kann sich das Crowdfunding auf die Themenfindung eines Autors verzerrend auswirken, wenn der Autor sich bereits im Vorfeld zu viele Gedanken darüber macht, was der Crowd, also dem Publikum, gefallen könnte und nicht über das schreibt, was ihm unter den Nägeln brennt?
Ines Zimzinski:Wenn ein Autor nicht über das schreibt, was ihm unter den Nägeln brennt, geht es ohnehin schief. Und egal ob ich ein Buch bei einem Verlag veröffentlichen will oder das Crowdfunding nutze: Jeder Autor muss sich mit seiner Zielgruppe auseinandersetzen und sich fragen: Wer will das haben? Ich sehe das so: Das Crowdfunding eröffnet den Autoren eine völlig neue Welt. Der Autor ist nicht mehr davon abhängig, ein Manuskript 50 Mal zur Vorlage für Verlage für viel Geld ausdrucken zu müssen und es für 4,19 € mit der Post zu verschicken. Das Crowdfunding kann eine Vorab-Garantie sein, etwas publizieren zu können. Zugleich führt es zu einer Art Markt-Bereinigung. Wenn es keiner will, will es eben keiner.
CCB Magazin: Führt diese Art der Bereinigung womöglich auch dazu, dass Verlage künftig vermehrt nur noch nach Autoren suchen, die bereits ein erfolgreiches Crowdfunding hinter sich haben?
Ines Zimzinski:Ja, aber das wäre keine Gefahr, es wäre ein Gewinn. Die großen Autoren sitzen ohnehin im Boot und brauchen kein Crowdfunding, zumindest nicht aus finanzieller Sicht. Dann gibt es noch die Autoren, die dauerhaft nach Finanzierungswegen suchen und für die ist Crowdfunding ein Zusatzmodell. Mehr noch: Das Crowdfunding schafft eine neue Verbindung zwischen Autor und Leserschaft. In dem Moment nämlich, wo der Leser seinen Autor kennen lernt, kauft er noch mehr von ihm oder ihr. Zugleich nimmt das Crowdfunding den Verlagen zusätzliche Arbeit ab, weil die Verlage mittlerweile einen Großteil der Autoren, rund 90 Prozent, aufgrund enger finanzieller Spielräume ablehnen. Die können jetzt zu uns kommen, ohne dass wir in Konkurrenz zu den Verlagen treten. Wenn Verlage dann noch nach Autoren suchen, die ein Crowdfunding hinter sich haben, umso besser.
Das Crowdfunding schafft eine neue Verbindung zwischen Autor und Leserschaft
CCB Magazin: Sind denn künftig auch Modelle denkbar, dass Verlage Bücher von bereits abgelehnten Autoren im Anschluss an ein erfolgreiches Funding drucken?
Ines Zimzinski:Das ist auf jeden Fall denkbar und wird sich auch dahin entwickeln. Gerade die Verlage sollten umdenken und sich so auf neue Finanzierungswege einstellen. Auch weil die Autorenwahl immer mehr zur Umsatzgarantenwahl wird. Selbst wenn ein Verlag will, kann er meist gar nicht, weil das finanzielle Risiko zu hoch ist. Meine Leuchturmprojekte sind in diesem Zusammenhang immer Sebastian Fitzek und Nele Neuhaus. Beide haben etwas geschafft, das es so in Deutschland bislang noch nicht gab. Beide kommen aus dem Bereich Thriller, beiden wurde vermittelt, dass deutscher Thriller nicht funktioniert. Und beide haben gesagt, das stimmt nicht, das lassen wir uns nicht gefallen. Wir machen es einfach selbst. Fitzeck hat auch noch einen Film gecrowdfundet und dazu Hörspiele zu seinen Büchern herausgebracht. Das führt auch dazu, dass sich Verlage künftig nach neuen Autoren auf Crowdfunding-Plattformen umschauen werden und Autoren finden, mit denen sie vorher nicht gerechnet haben oder die sie schon abgelehnt hatten.
CCB Magazin: Ines, danke für dieses Gespräch.
Zum Thema Crowdfunding hat buchreport ein Webinar veranstaltet, das Perspektiven für Autoren und Verlage herausgearbeitet hat. Das Video kann hier bestellt werden.
Im neuen buchreport.spezial Hörbuch widmet sich ein Artikel dem Crowdfunding für Hörbuchverlage (hier zu bestellen).
Aktualisierung der Redaktion: Ein weiteres, spannnendes Interview zum Thema Crowdfunding und Buchhandel findet sich hier.
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