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Mona Lüders ist Nachhaltigkeits-Künstlerin. Nebenher arbeitet sie als Model. Bekannt wurde sie vor allem über ihr Projekt "Windows of Consumption". Wie überlebt man als Nachhaltigkeits-Künstlerin? Kann man davon leben? Ein Gespräch über Kunst, Kritik und ein Dasein im Dazwischen.
CCB Magazin: Mona, du bist durch dein Projekt "Windows of Consumption" bekannt geworden, durch das du den Überkonsum der westlichen Gesellschaft kritisierst. Jetzt, wo wir alle zum Energiesparen angehalten werden, überkommt dich da ein Gefühl der Genugtuung nach dem Motto, ich hab's euch doch gesagt?
Mona Lüders: Nein, das nicht, ich hoffe aber, dass nach dem Ukraine-Krieg das Thema Energie sparen konsequent angegangen wird. Wir sollten künftig alle praktische Lösungen entwickeln und uns nicht von der Angst leiten lassen, dass wir unseren Lebensstandard nicht halten können. Derzeit beginnt eine neue Ära. Und meine Hoffnung mit dem Projekt war natürlich, dass wir nicht erst einen Krieg brauchen, um aufzuwachen.
CCB Magazin: Du hast das Projekt "Windows of Consumption" 2018 initiiert. Um was geht es da?
Mona Lüders: Ich bin 2018 für ein paar Wochen nach Indien gereist. Das hat mein Bewusstsein verändert. Es gibt in Indien so viel Müll in den Dörfern und Straßen; oft wird er einfach auf der Straße verbrannt. Zurück in Berlin habe ich dann zum ersten Mal wahrgenommen, dass alles, was ich in die Tonne werfe, aus meinem Blickfeld verschwindet: So entstand die Idee von "Windows of Consumption". Den Müll hab‘ ich einfach ins eigene Fenster drapiert. Mein erstes Windows of Consumption entstand direkt bei mir im Wohnzimmer mit meinem eigenen Plastik- und Papierabfall. Das Projekt hab ich vor allem mit Leuten in Berlin und in Mailand mit einer Designerin gemacht. In Mailand hab ich dazu das Fenster der Designerin mit ihren Plastikflaschen gefüllt - daraufhin hat sie sich einen Wasserfilter gekauft! Ein echter Erfolg, wie ich finde. Das Fenster ist eine Art Symbolik. Es ist das Tor zur Außenwelt.
Indien hat mein Bewusstsein verändert: dort gibt es so viel Müll in den Dörfern und auf den Straßen. In Berlin habe ich dann zum ersten Mal wahrgenommen, dass alles, was ich in die Tonne werfe, aus meinem Blickfeld verschwindet: So entstand die Idee von "Windows of Consumption"
CCB Magazin: Du bist auch Fotografin, dein Schwerpunkt als Künstlerin liegt auf der Nachhaltigkeit. Nebenher arbeitest du aber auch bei einem Startup und auch noch als Model - du bewegst dich so gesehen zwischen den Welten. Allein in Deutschland werden jedes Jahr 230 Millionen fabrikneue Kleider in der Modeindustrie geschreddert, verfrachtet oder verbrannt. Jedes fünfte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen. Wie bringst du deinen Anspruch an Nachhaltigkeit mit einer Welt des Überkonsums in Einklang?
Mona Lüders: Die Frage ist berechtigt, genau aus diesem Grund bin ich aber auch vor Jahren aus der Modeindustrie ausgestiegen. Mein Kompromiss ist heute, dass ich nur noch für nachhaltige Brands arbeite. Ich werde darum natürlich viel weniger gebucht, das ist klar. Ich bleibe aber meinem Anspruch treu. Ich selber habe vor Jahren auch damit aufgehört, bei Fast-Fashion-Companies einzukaufen. Zudem trage ich überwiegend Second-Hand, Vintage oder nachhaltige Brands, für die ich auch gerne etwas mehr bezahle.
CCB Magazin: Wie bist du das geworden, was du bist? Und wie kam das Thema Nachhaltigkeit in dein Leben?
Mona Lüders: Ich bin in Hamburg aufgewachsen. Dort war ich auf dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, das ist eine Art Umweltschule, was damals noch was Besonderes war. Im Grunde war ich schon immer umweltbewusst. Als Teenager wurde ich dann als Model entdeckt und begann neben der Schule als Model zu arbeiten - zunächst national und in Europa, irgendwann international. So kam ich 2007 das erste Mal nach New York. New York war für mich das Tor zur Kunst: Hier schrieb ich mich in der National Academy of Fine Arts ein, um klassische Kunst zu studieren. Nach dem Studium wurde mir aber schnell klar, dass ich keine Nachfolgerin Michelangelos werden würde und auch nicht sein will. Ich begann, den Pinsel gegen die Kamera auszutauschen. Eine Zeit lang war ich Assistentin von einem Werbefotograf, bis ich mich 2015 dafür entschieden habe, nach Berlin zu gehen. Hier gab es überall diese Freiräume und eine große konsumkritische Szene. Zudem haben mich der konsumkritische Film “They live” von John Carpenter und Künstler*innen wie Ai WeiWei, Vik Muniz, Andreas Gursky und Christo damals fasziniert. Mir wurde klar, dass ich ein ästhetisches Werk schaffen will, das aber einen tieferen Sinn haben muss. Meine Kunst soll Kritik sein, aber auch inspirieren.
CCB Magazin: Gut, aber wovon lebst du?
Mona Lüders: Im Moment arbeite ich als Content Creator und Managerin in dem bereits erwähnten Startup. Mein Ziel ist es natürlich, irgendwann von meiner Kunst leben zu können. Zumindest für dieses Jahr nehme ich mir das vor.
Am besten ist es, Kunstformen mit Aktivismus zusammenzudenken. Ich denke hier an Makode Lindes Cake Performance, an die Guerilla Girls über Gleichstellung der Frauen in Museen, an Keith Heirings Aids Kampagne oder an Ai Weiwei’s politische Werke - das sind Kunstformen, die Emotionen transportieren, aber auch zum Aktivismus anregen
CCB Magazin: Viele drehen den Spieß auch um. Aktuell erleben wir eine Welle neuer Klimaproteste: Aktivisten kleben sich an den Straßen fest, in den Museen werden Kunstwerke mit Essensresten bespritzt. Die Frage ist nicht, wie man von der Kunst leben kann, sondern wie man in dieser Welt langfristig überlebt. Wie stehst du zu diesen Protestformen? Schaffen sie das, was Kunst nicht schafft?
Mona Lüders: Das würde ich nicht sagen. Kunst findet oft in verschlossenen Räumen statt, im Museum oder in Galerien. Oft ist sie auch zu abstrakt und unkonkret. Aktivismus dagegen hat ein klares Ziel, ist oft aber plakativ. Ich finde, dass Aktivismus - im Gegensatz zu Kunst - durchaus Grenzen hat. Es sollte nie jemand zu Schaden kommen. Wenn Menschen Kunst machen oder sich weltweit Millionen junge Menschen friedlich zum Protest treffen, so wie bei Fridays for Future, gehen die Menschen mit konkreten Forderungen auf die Straßen. Das finde ich gut. Man spürt förmlich, wie positiv aufgeladen und emotional die Atmosphäre ist. Dann will man auch etwas bewegen.
CCB Magazin: Welche Rolle kommt der Kunst zu? Was kann und sollte sie aufdecken? Und kann sie überhaupt noch etwas aufdecken, was nicht eh schon bekannt ist?
Mona Lüders: Am besten ist es, Kunstformen heute mit Aktivismus zusammenzudenken. Ich denke hier an Makode Lindes Cake Performance, an die Guerilla Girls über Gleichstellung der Frauen in Museen, an Keith Heirings Aids Kampagne oder an Ai Weiwei’s politische Werke. Das sind alles Kunstformen, die Emotionen transportieren, aber auch zum Aktivismus anregen. Hier liegt meines Erachtens die Kraft der Kunst.
CCB Magazin: Wo willst du im Leben noch hin? Was sind deine Ziele, Pläne und nächsten Projekte?
Mona Lüders: Im Dezember habe ich ein neues Windows of Consumption in New York gemacht, mit dem Müll, den ich in der Subway gefunden habe. Gerade starte ich ein neues Projekt zur Beauty-Industrie - hier will ich aufzeigen, dass Make-up-Artikel wie Lidschatten, Lippenstift etc. oft halb verbraucht im Müll landen. Der Müll ist aber nicht mal recycelbar. In Zukunft möchte ich meine Kunst vermehrt mit Aktivismus und innovativen Projekten verbinden, auch mit Entrepreneuren, nachhaltigen Firmen und Umweltprojekten will ich zusammenarbeiten. Denn gesellschaftliche Themen im Umweltkontext interessieren mich einfach. Nebenbei habe ich noch eine kleine Rolle als deutsche Detektivin in einer Online-Serie in Mailand bekommen, die wir nächstes Jahr drehen. Wie du siehst, bleibt es spannend. So wie das Leben.
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